Wirtschaftsprognose für Deutschland:Schlechter als erhofft, besser als denkbar

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Konjunkturforscher korrigieren sich: Die deutsche Wirtschaft wächst schwächer als erwartet. Die Aussichten sind trotzdem nicht schlecht - sofern die Schuldenkrise in Europa nicht eskaliert.

Von Claus Hulverscheidt und Thomas Öchsner

Auf den ersten Blick klingt es gar nicht so optimistisch, was die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute an diesem Donnerstag vor der Bundespressekonferenz in Berlin verkünden wollen: Das Bruttoinlandsprodukt, der Wert aller Waren und Dienstleistungen in Deutschland also, wird nach ihrer Einschätzung in diesem Jahr statt um 0,8 nur um 0,4 Prozent zunehmen; für 2014 nehmen die Konjunkturforscher ihre Prognose leicht von zuletzt 1,9 auf 1,8 Prozent zurück.

Dass die Ökonomen aus diesen Zahlen in ihrem Herbstgutachten für die Bundesregierung dennoch eine insgesamt eher positive Botschaft destillieren, ist dem weltwirtschaftlichen Umfeld geschuldet, das trotz einiger Aufhellungen schwierig bleibt und die allgemein erwartete wirtschaftliche Belebung im kommenden Jahr auch hätte gefährden können. So aber heißt es nach Informationen der Süddeutschen Zeitung in dem Papier, Deutschland stehe "im Herbst 2013 am Beginn eines Aufschwungs".

Die deutliche Revision für das laufende Jahr hat auch damit zu tun, dass die Institute im Frühjahr mit 0,8 Prozent eine überraschend optimistische Prognose vorgelegt hatten. Die Bundesregierung etwa, die in früheren Jahren die Vorhersage der Forscher für ihre eigenen Planungen gelegentlich einfach übernahm, hatte sich seinerzeit auf eine vorsichtigere Schätzung von 0,5 Prozent für dieses und 1,6 Prozent für nächstes Jahr festgelegt.

Okönomen erwarten mehr Erwerbstätige denn je

Diese Vorsicht kommt ihr jetzt zugute, denn nach Vorlage der neuen Zahlen der Institute muss sie keine gravierenden Korrekturen vornehmen. Im Gegenteil: Die Planungen für den ersten ausgeglichenen Bundeshaushalt seit 1969 können ohne nennenswerte Änderungen vorangetrieben werden.

Das gilt insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Erwerbstätigen nach der Prognose der Institute weiter steigen wird - um 235.000 in diesem und um weitere 260.000 im kommenden Jahr. Damit würde 2014 erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik die Marke von 42 Millionen Beschäftigten überschritten. Für den Bundeshaushalt bedeutete das, dass die Steuereinnahmen weiter sprudeln und die Zahlungen an Arbeitslose tendenziell weiter sinken würden.

Allzu groß werden die Einsparungen allerdings nicht ausfallen, denn der Beschäftigungszuwachs schlägt sich nach der Prognose der Forscher kaum in niedrigeren Erwerbslosenzahlen nieder. So wird die Arbeitslosenquote deshalb 2014 gegenüber dem laufenden Jahr nur leicht von 6,9 auf 6,8 Prozent sinken.

Die Ökonomen gehen in ihrem Gutachten davon aus, dass weder der Haushaltsstreit in den USA, noch die Finanz- und Schuldenkrise in Europa eskalieren. Tritt dieses Szenario ein, ist nach Ansicht der Experten mit einem weiteren Zuwachs der Exporte insbesondere ins nichteuropäische Ausland zu rechnen. Zusätzliche Impulse sind demnach von höheren Investitionen der Unternehmen und einer weiter steigenden Binnennachfrage zu erwarten. Beides werde auch zu einem höheren Importvolumen führen, heißt es in der Studie.

Die vier Institute, die an der Ausarbeitung des Gutachtens beteiligt waren, sind das Münchner Ifo, das Essener RWI, das IWH aus Halle und nach mehrjähriger Abstinenz auch wieder das Berliner DIW. Das Wirtschaftsministerium wird die Studie prüfen und dann am 23. Oktober eine eigene aktualisierte Konjunkturprognose vorlegen.

© SZ vom 17.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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