Rossignol:Ein Ski zum Recyceln

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Die Skimarke Rossignol will unabhängiger werden vom Wintergeschäft. (Foto: Jean-Christophe Bott/dpa)

Corona, Klimawandel, Krieg: Es sind schwierige Zeiten für die Hersteller von Skiausrüstungen. Die Traditionsfirma Rossignol will nun auf mehr Nachhaltigkeit setzen. Doch der Markt ist hart umkämpft.

Von Caspar Busse

Die Pandemie hat die Wintersportindustrie hart getroffen. Wegen Corona waren die Pisten in der vergangenen Saison in vielen Regionen weitgehend geschlossen, in dieser Saison, die jetzt zu Ende geht, gab es vielerorts noch Einschränkungen. Doch die Branche leidet schon länger, Skifahren ist wegen des Klimawandels immer weniger möglich, der Schnee bleibt immer öfter aus. Und jetzt ist da auch noch der Krieg.

Keine leichten Voraussetzungen also für Vincent Wauters. Der gebürtige Belgier hat im vergangenen Jahr die Führung der französischen Sportmarke Rossignol übernommen. Das Unternehmen mit dem Vogel im Logo - Rossignol heißt auf auf Französisch Nachtigall - ist eines der international bekanntesten der Wintersportbranche. Im Februar bei den Olympischen Winterspielen in Peking kamen Sportler mit Rossignol-Ausstattung auf 77 Podiumsplätze, davon 25 Siege, vor allem im Alpinski, im Langlauf und Biathlon, berichtet Wauters stolz. "Das Fieber aus dem Rennsport überträgt sich auf das gesamte Team hier", glaubt der Firmenchef, der aus der Zentrale in der Nähe von Grenoble zugeschaltet ist. Er übernahm die Führung von Bruno Cercley, der das Unternehmen mit Unterbrechungen etwa 16 Jahre lang geführt hatte. Eine neue Ära also.

Der Belgier Vincent Wauters ist seit vergangenem Jahr Chef der französischen Sportmarke Rossignol. (Foto: Rossignol)

Wauters kam "mitten im Sturm", wie er selbst sagt. Rossignol musste in der Pandemie zeitweise Werke schließen, die Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, die Gehälter im Management kürzen. 2020/21 fiel die Wintersaison und damit ein Großteil des Geschäftes in wichtigen Märkten wie Frankreich, Deutschland oder Italien praktisch aus. Rossignol verlor deutlich an Umsatz, teilweise um 50 Prozent, auch wenn es etwa in den USA, Kanada oder Skandinavien besser lief. Jetzt geht es wieder aufwärts. Aber geschätzt 80 Prozent des Umsatzes von zuletzt 310 Millionen Euro machen die Franzosen noch immer im Wintersport, mit Alpin- und Langlauf-Ski, Schuhen, Bindungen und Winteroutfits.

Nun macht der Branche auch noch der Krieg in der Ukraine zu schaffen. Zum einen bleiben nun im Winter die kaufkräftigen Touristen aus Russland aus. Zum anderen ist die Ukraine ein wichtiger Standort für die Skiindustrie. Rossignols Zulieferer etwa mussten die Produktion in der Ukraine wegen des Kriegs stoppen, die Franzosen versuchen, sie nach Rumänien oder Italien zu verlagern. Zudem hat Rossignol auch alle Geschäfte in und mit Russland angehalten. "Wir haben auch unsere Beziehungen zu allen russischen Athleten gestoppt, wie auch alle internationalen Skiverbände", sagt Wauters. Dazu kommen steigende Preise und die Inflation, die Sorgen machten.

Die Franzosen wollen vom "Trend in die Berge" profitieren

Wauters will nun einen neuen Kurs einschlagen und verfolgt eine Doppelstrategie. Einerseits will er unabhängiger werden vom Wintergeschäft, andererseits auf mehr Nachhaltigkeit setzen. Als eines der ersten Unternehmen der Branche will Rossignol einen wiederverwertbaren Ski anbieten. "Wir entwickeln Ski, die weitgehend recycelt werden können", kündigt Wauters an und: "Unser Ziel ist, dass bis 2028 ein Drittel unserer Ski wiederverwertet werden können." Produziert wird schon jetzt überwiegend in Europa. Rossignol hat drei Fabrikstandorte in Frankreich, jeweils einen in Italien und Spanien. Dort sollen künftig spezielle Recycling-Maschinen entwickelt werden.

Der Hauptsitz von Rossignol liegt in der französischen Gemeinde Saint-Jean-de-Moirans in der Nähe von Grenoble. (Foto: Rossignol)

Außerdem soll die Produktpalette erweitert werden. "Der Klimawandel wird große Auswirkungen auf den Skisport haben", sagt er. Er werde vielleicht irgendwann nur noch in den oberen Höhenlagen möglich sein. Aber das sei kein brutaler Wandel, sondern das finde schrittweise statt. "Rossignol ist eine Marke für alpines Leben", sagt deshalb Wauters. Das umfasse mehr als Skifahren, es sei ein Lebensgefühl. "Es gibt einen großen Trend in die Berge in allen Jahreszeiten", meint er.

Das stimmt auch. Aber die Konkurrenz ist auch groß und wird immer größer. Es gibt viele Outdoor-Marken, die um den Markt und die Kunden kämpfen. Auch die Großen wie Nike oder Adidas haben den Bereich schon entdeckt. Wauters glaubt aber, seine Marke habe eine Chance: "Wir stellen unser Angebot um und arbeiten an Diversifikation." In Deutschland oder in Frankreich werden schon zwischen 30 und 40 Prozent des Umsatzes nicht mehr im Winter gemacht. Seit Kurzem werden E-Mountainbikes angeboten, demnächst kommen Wanderschuhe auf den Markt.

Derzeit wird ein neuer Eigentümer gesucht

Das Unternehmen ist 115 Jahre alt, bis 1950 produzierte Rossignol auch Alltagskleidung, dann spezialisierte man sich auf den Wintersport. Die Hauptverwaltung ist in der Nähe der französischen Alpen. Unter der Marke Rossignol werden Ski, Fahrräder, Bekleidung und Schuhe angeboten, daneben gehören zum Unternehmen auch Dynastar (Ski), Lange (Skischuhe), Look (Skibindungen), Risport (Eislaufen) und Kerma (Skistöcke).

Traditionsreiche Marke - Werbung auf alten Citroen-Fahrzeugen. (Foto: Rossignol)

Die Vergangenheit der Firma ist bewegt, zwischenzeitlich gab es Anfang der 2000er-Jahre arge Probleme. 2005 fusionierte Rossignol mit der australischen Surf-Firma Quicksilver, doch das wurde kein Erfolg. Wenig später übernahm der damalige Chef Bruno Cercley mit Investoren, seit 2013 gehört das Unternehmen Altor, einem Finanzinvestor aus Norwegen. Der könnte nach bald zehn Jahren nun aussteigen. "Es kann passieren, dass wir einen neuen Eigentümer bekommen werden", sagt Wauters dazu lediglich. "Unsere Aufgabe ist es, die Marke stark zu machen und gut zu positionieren."

Wer einsteigen könnte, ist offen. Der Wettbewerb in der Branche ist hart, der Skimarkt seit Jahrzehnten rückläufig. Immer weniger Menschen fahren Ski, und viele kaufen selbst keine Bretter mehr, sondern mieten sie im Urlaub. Die Marken Völkl und K2 sind mittlerweile ebenfalls in Besitz eines Finanzinvestors. Salomon und Atomic gehören mit weiteren Sportartiklern wie Arcteryx und Peak Performance zur finnischen Amer-Gruppe, die 2019 von Chinesen übernommen worden sind. Rossignol ist unabhängig.

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