Wegovy:In Deutschland wird die Abnehmspritze knapp

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Gedacht ist das Präparat Wegovy vor allem für Erwachsene mit einem Body-Mass-Index (BMI) ab 30, also Adipositas. (Foto: Jim Vondruska/Reuters)

Der Hersteller Novo Nordisk kommt bei der Produktion des Mittels nicht hinterher, in vielen Apotheken ist es ausverkauft - und das trotz der enormen Kosten.

In kurzer Zeit viel Gewicht verlieren, und das ganz unkompliziert: Für viele Deutsche klingt das offenbar verlockend. Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk kann die Nachfrage nach seiner Abnehmspritze Wegovy nicht stillen. Wenige Wochen nach dem Marktstart in Deutschland übersteige der Bedarf die verfügbaren Mengen deutlich, so die Apothekergenossenschaft Noweda. "Die begrenzte Verfügbarkeit von Wegovy ist kein regionales, sondern ein bundesweites Problem", sagte ein Sprecher des Unternehmens. Auch die Pharmahändler Phoenix und Sanacorp berichteten von Knappheit. Für manche Dosierungen überstiegen die Bestellungen die Liefermengen des Herstellers um ein Vielfaches, erklärte Sanacorp.

Bei Wegovy handelt es sich um ein verschreibungspflichtiges Medikament zum Abnehmen und Halten des Gewichts. Seit gut vier Wochen können Ärzte es auch hierzulande Patienten verschreiben, Apotheken können es dann auch beim Großhandel bestellen. Gedacht ist das Präparat vor allem für Erwachsene mit einem Body-Mass-Index (BMI) ab 30, also Adipositas. Der BMI wird aus Größe und Gewicht errechnet. Wer als Mann zum Beispiel 1,80 Meter groß ist und 100 Kilo wiegt, überschreitet die 30er-Marke knapp. In der EU ist Wegovy darüber hinaus auch für Erwachsene mit Übergewicht und einem BMI ab 27 zugelassen, bei denen mindestens eine gewichtsbedingte Begleiterkrankung vorliegt. Freigegeben ist zudem der Einsatz bei adipösen Jugendlichen ab zwölf Jahren mit einem Körpergewicht von mindestens 60 Kilogramm. Das Interesse an der Abnehmspritze ist aber auch bei nicht-übergewichtigen Menschen enorm - befeuert durch so manche Promi-Äußerung. Novo Nordisk spricht von bereits Hunderttausenden Nutzern.

Dringende Fälle zuerst

Der Adipositas-Spezialist und in München praktizierende Chirurg Thomas Horbach etwa hat in den vergangenen Wochen viele Apotheken im Umkreis nach dem Mittel abgeklappert - ohne Erfolg. Nach Angaben der Helios St. Elisabeth Klinik in Oberhausen erhielten ihre Patienten zwar bislang Wegovy, hätten aber bei etlichen Apotheken anklopfen müssen. Novo Nordisk hatte zur Markteinführung in Deutschland im Juli die Ärzte angehalten, das verschreibungspflichtige Medikament wirklich auf Patienten mit dringendem Bedarf zu beschränken, da Lieferprobleme nicht auszuschließen seien.

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In den USA, wo das Medikament als erstes auf den Markt kam, beschränkt Novo seit Kurzem die Auslieferung von Startdosierungen für Neukunden, denn auch dort kann das Unternehmen die Produktion nicht schnell genug ausweiten. Wer damit anfängt, muss Wegovy im Wochenrhythmus mit schrittweise steigender Dosis regelmäßig spritzen, damit der Hunger nicht zurückkehrt.

Laut einer Studie im New England Journal of Medicine mit insgesamt fast 2000 Teilnehmern hatten Wegovy-Probanden nach 68 Wochen im Schnitt 15 Prozent abgenommen. Die Vergleichsgruppe erreichte mit einem Scheinmedikament nur einen Verlust von gut zwei Prozent. Von der Anwendung durch Normalgewichtige, die zum Beispiel vor einem Strandurlaub ein paar Pölsterchen loswerden wollen, raten Fachleute klar ab. Das Verhältnis von Nutzen und Risiko stimme dann nicht. "Ein gewissenhafter Arzt würde Normalgewichtigen das Mittel nicht verschreiben", so der Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, Jens Aberle. Hinzu kommt die Gefahr, dass Kranke schwerer oder nicht an ihre Medikamente kommen, wenn es einen übermäßigen Andrang darauf durch Gesunde gibt.

Trotz der von den gesetzlich versicherten Patienten selbst zu tragenden Kosten von 170 bis mehr als 300 Euro im Monat erwarten Unternehmen eine enorme Nachfrage auch von Menschen, die gesundheitlich weniger problematische Fettpolster medikamentös bekämpfen wollen. Die Markteinführung in Deutschland sei jedoch kontrolliert und begrenzt, erklärte eine Sprecherin von Novo Nordisk. Wegovy werde kontinuierlich an Großhändler geliefert, auf die weitere Verteilung an Apotheken habe der Pharmakonzern keinen Einfluss.

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