Wechselspiele mit Volkswagen:Raus aus dem Dax, rein in den Dax

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Börse kurios: Der Einstieg von Katar könnte den Rauswurf der VW-Stammaktien aus dem Dax mit sich bringen. Der wahrscheinlichste Nachfolger: ebenfalls VW.

S. Boehringer

Der Einstieg Katars beim wertvollsten deutschen Konzern hat am Donnerstag für einige Turbulenzen am Aktienmarkt gesorgt. Investoren spekulierten darauf, dass die VW-Stammaktie aus dem Dax fliegen könnte und schichteten ihre Anlagen auf Vorzüge um. Die Porsche-Aktie ging auf Berg- und Talfahrt, da nicht klar ist, ob der Sportwagenbauer nach der Integration in den VW-Konzern an der Börse bleibt.

Die Stammaktien von Volkswagen sind derzeit im Deutschen Aktienindex gelistet. (Foto: Foto: dpa)

Um Punkt neun Uhr in der Früh ging es am Donnerstag an der Börse los: Anleger handelten zehnmal so viele Volkswagen-Aktien wie normalerweise. Aber nicht etwa die im Deutschen Aktienindex (Dax) notierten Stammaktien fanden reißenden Absatz, sondern die sogenannten Vorzüge, die bislang gar nicht in der ersten deutschen Börsenliga vertreten sind.

Der Kurs der VW-Vorzüge stieg um bis zu 6,8 Prozent - und den Profis war schnell klar, warum. Die Titel könnten demnächst in den Dax aufsteigen und dort die bisher notierten Stämme des größten europäischen Automobilkonzerns ersetzen. "Volkswagen fliegt aus dem Dax - und kommt gleich wieder zurück", sagte ein Händler aufgeregt.

Schon wieder eine Zockernummer beim derzeit mit Abstand wertvollsten deutschen Unternehmen? Nein, nur eine logische Folge des Einstiegs von Katar bei Volkswagen. "Sinkt durch den Einstieg die Zahl der frei handelbaren VW-Stammaktien unter zehn Prozent, werden die Titel binnen zwei Handelstagen aus dem Dax entnommen", erklärt Alexander Krämer, Indexspezialist bei der Commerzbank. Aber noch lägen keine entsprechenden Meldungen des Unternehmens vor, sagte eine Sprecherin der Deutschen Börse.

Eine Aktiengattung pro Index

Um schnell handeln zu können und auch um eine größtmögliche Transparenz über die Zusammensetzung des wichtigsten deutschen Aktienbarometers zu gewährleisten, hält die Börse in Frankfurt monatlich Listen vor, aus denen hervorgeht, welches Unternehmen im Falle eines Abstiegs ein potentieller Nachrücker wäre.

Und siehe da: Es wären Volkswagen-Vorzugsaktien, die gemäß der gültigen Liste von Ende Juni mit einem Börsenwert von mehr als fünf Milliarden Euro noch vor dem Chipkonzern Infineon die besten Chancen auf einen Dax-Aufstieg hätten. "Es darf pro Unternehmen nur jeweils eine Aktiengattung in einem Index vertreten sein", erklärt Index-Experte Krämer die bisherige Randstellung der Vorzüge.

Derzeit besitzen die Familien Porsche und Piëch gemeinsam etwas mehr als die Hälfte der Volkswagen-Stämme. 20 Prozent und damit eine Sperrminorität gehören dem Land Niedersachsen. 29 Prozent der Aktien werden an der Börse gehandelt. Inklusive der zu hundert Prozent gestreuten Vorzugsaktien ergibt sich für das Gesamtunternehmen ein Marktwert von rund 80 Milliarden Euro.

Achterbahnfahrt der Stammaktien

In den vergangenen Wochen war viel spekuliert worden über einen Einstieg Katars in die deutsche Automobilindustrie. Bei Volkswagen könnte das Emirat Optionen des Sportwagenbauers Porsche übernehmen, die ihm Branchenkreisen zufolge einen Anteil zwischen 14,9 und 19,9 Prozent an Volkswagen sichern könnten. Der höchstmögliche Anteil würde bedeuten, dass weniger als zehn Prozent der VW-Aktien noch für Anleger über die Börse käuflich wären. Das Unterschreiten dieser Grenze duldet die Deutsche Börse nicht, weil solch geringe Quoten künstliche Knappheitsverhältnisse schaffen und so den Preis eines Titels in die Höhe treiben können. Die betreffende Aktie muss in so einem Fall den Dax umgehend verlassen

Am Donnerstagnachmittag dämpfte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff erst einmal die Spekulationen um den Abstieg im Dax: "Wir gehen davon aus, dass Katar 17 Prozent der Aktien von Volkswagen übernehmen wird", sagte der CDU-Politiker nach einer Sitzung des VW-Aufsichtsrats in Stuttgart. VW-Vorstandschef Martin Winterkorn sagte, die künftige Beteiligung der Familien Porsche und Piëch an Volkswagen müsse noch errechnet werden.

Das heißt vorerst: Wenigstens 22 Prozent der VW-Stämme sind noch an der Börse zu bekommen - doch kaum jemand wollte die Titel am Donnerstag mehr: VW-Stämme gaben zeitweise mehr als fünf Prozent nach, ähnlich Porsche-Aktien, die um sechs Prozent verloren. Nach der Klarstellung Wulffs erholten sich die Kurse beider Aktien allerdings, und die VW-Vorzüge gaben ihre Gewinne ab.

© SZ vom 24.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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