Kalk im Wasser:Kampf dem Kalk

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Kampf dem Kalk: Maximilian (links) und Konstantin Wilk. (Foto: MARC FIPPEL/OH)

Wasser enthärten ohne Salz: Mit dieser Idee haben zwei Brüder aus der kleinen Firma ihres Vaters ein erfolgreiches Unternehmen gemacht - auch dank Arnold Schwarzenegger.

Von Helmut Martin-Jung

Der Terminator ist schuld, ein bisschen wenigstens: Als Maximilian Wilk vor einigen Jahren für seine Masterarbeit in Kalifornien war, erließ die dortige Landesregierung unter Gouverneur Arnold Schwarzenegger ein Gesetz, das es ermöglichte, den Einsatz von Wasserentkalkungsanlagen mit Salz zu verbieten. Zu hoch sei die Belastung des Abwassers mit Chlorid.

Das brachte Wilk, 29, und seinen Bruder Konstantin, 28, auf die Idee, es mit einer Methode zu versuchen, die ohne Salz auskommt. Aqon heißt ihre Firma. Dass die beiden irgendwas machen würden, das mit Wasser zu tun hat, galt ohnehin als ausgemacht. Schließlich leitete der Vater eine kleine Firma, die davon lebte, das Wasser wieder aufzubereiten, das in industriellen Anwendungen gebraucht wurde, zum Beispiel beim Waschen von Blechen für Schaltschränke.

Der Vater hätte es zwar gerne gesehen, wenn seine Söhne das Geschäft übernommen hätten, doch den beiden schwebte etwas anderes vor. Vaters Firma war nur ein Fünf-Mann-Betrieb, viel Wissen lag bei einzelnen Mitarbeitern. Und als Kunden nur einige Industrieunternehmen zu haben, das alles erschien ihnen zu riskant.

Die Brüder stellten die Firma ihres Vaters komplett auf den Kopf

Also riskierten sie etwas anderes. Als sie 2017 mit ihrem Studium fertig waren - Maximilian ist Wirtschaftsingenieur, Konstantin Betriebswirt - stellten sie die Firma sozusagen auf den Kopf: Ihr Produkt wendet sich direkt an Endkunden. Und es geht nicht mehr um die Aufbereitung von verschmutztem Wasser im Rahmen von Projektgeschäften, sondern darum, die Installation und die Hausgeräte vor Kalkablagerungen zu schützen.

Sie entwickelten ein Gerät, das einfach in die Hauptwasserleitung eingesetzt wird, nach Wasseruhr und -filter. Dazu muss ein kleines Stück des bestehenden Rohres herausgeschnitten und ihre Entwicklung, die etwa so groß ist wie eine Bierflasche, verschraubt oder verpresst werden.

Wie funktioniert das Ganze nun? Der Trick ist eine Metalllegierung, die den pH-Wert des Wassers "minimal" erhöht, wie Maximilian Wilk sagt. Dadurch bildet der im Wasser gelöste Kalk - chemisch: Kalziumhydrogencarbonat - Kristalle aus. "Der Kalk lernt schwimmen", sagt Konstantin Wilk. Es ist ein Satz, mit dem die beiden Brüder versuchen, auf möglichst einfache Weise zu erklären, wie ihr System funktioniert. Schließlich müssen sie Kunden überzeugen, die von dem Thema in der Regel wenig Ahnung haben. "Die genauen chemischen Vorgänge interessieren die wenigsten", sagen sie.

Kleines Gerät, große Wirkung: Der Kalk wird dadurch zu Kristallen, die im Wasser schwimmen und sich kaum ablagern. (Foto: Klaus Mai/OH)

Der Kalk, der nun in kristalliner Form im Wasser schwimmt und nicht mehr darin gelöst ist, lagert sich kaum noch irgendwo ab. Wenn, lässt er sich leicht abwischen, bildet keine harten Krusten. Eine Ausnahme allerdings gibt es: Wasserkocher. "Das ist der Endgegner", sagt Maximilian Wilk. Weil dabei hohe Temperaturen entstehen und Sauerstoff ans Wasser gelangt, verkalken Wasserkocher trotzdem - die Kristalle lösen sich darin wieder auf und lagern sich an. Anders ist es den Wilks zufolge bei Kaffee- oder Espressomaschinen. "Das sind geschlossene Systeme, in die kommt nicht viel Sauerstoff."

Die beiden Brüder hatten also eine Technik, die recht gut funktioniert. Wasser in Gebieten mit hartem Wasser wird damit weich, das spart Reinigungsmittel und schont die Geräte wie Wasch- oder Spülmaschinen und die gesamte Wasserinstallation im Haus. Und der Geschmack ändert sich auch nicht. Doch der Anfang war zäh, wie die beiden zugeben. Nicht bloß, weil der Vater skeptisch war, ob der Plan der Söhne aufgehen würde.

Kooperation mit Installateurbetrieben

Dessen waren sich die die Brüder zwar sicher, "die Suchen bei Google haben enorm zugenommen in dieser Zeit", sagt Maximilian Wilk. Außerdem ergaben ihre Recherchen, dass von den etwa 19 Millionen Wohnhäusern in Deutschland etwa die Hälfte in Gebieten mit eher hartem Wasser liegen - also potenzielle Kunden darstellten.

Die freilich können in den allermeisten Fällen nicht selber an der Wasserleitung herumschneiden. Also mussten die Brüder Lösungen finden. Ihnen war klar, dass es nur funktionieren würde, wenn sie mit Installateuren zusammenarbeiten würden. Die zu überzeugen, war aber nicht leicht. "Auf einmal kommt da ein junges Unternehmen und sagt, baut das mal ein, der Kunde hat es schon gekauft", versetzt sich Maximilian Wilk in die Lage der Handwerker.

Nach und nach gelang es dann, mehr und mehr Firmen zu überzeugen, mit der Firma Aqon der beiden Brüder zusammenzuarbeiten. Aber auch da war die Realität im ersten Jahr oft hart. Da beschwerten sich Kunden, dass sich der Installateur Wochen nach dem Kauf noch nicht gemeldet habe. "Das zu etablieren, war schwer", sagt Konstantin Wilk. Mittlerweile rufen Aqon-Mitarbeiter die Partner-Firmen routinemäßig an und fragen nach.

Dabei hilft den beiden Jungunternehmern auch eine neue Software, mit der sie den Überblick über alle Vorgänge behalten. Für den Vater war das alles nicht einfach, "da gab's schon mal Streit und Reibereien am Esstisch", sagt Konstantin Wilk. "Wir haben mit 300 Euro Marketingbudget im Monat angefangen", sagt sein Bruder, "300 Euro, die gehen heute in der Stunde weg." Damals aber, 2018, musste er kämpfen, um ein paar Tausend Euro in Werbung investieren zu können.

Doch allmählich stellte sich der Erfolg ein. 250 Installateure im gesamten Bundesgebiet arbeiten mittlerweile mit Aqon zusammen, 2018 waren es erst zehn. Im Juli hat der Vater nun die Firma endgültig an die Söhne übergeben, dazu gab's noch die Nominierung fürs Halbfinale des hessischen Gründerpreises Nachfolge. Und für den deutschen Nachhaltigkeitspreis ist das junge Unternehmen auch nominiert gewesen.

Die neue IT hilft beim Wachsen

Aqon ist auf Wachstumskurs. Die neue IT mache das möglich, sagt Maximilian Wilk, man müsse aber auch darauf achten, dass der Vertrieb und die Logistik mithalten könnten mit dem Neugeschäft. 13 Mitarbeiter hat Aqon inzwischen. Die Brüder denken intensiv darüber nach, ins europäische Ausland zu gehen. Nach Großbritannien beispielsweise. Dort gibt es bereits eine Vorschrift zum Einbau von Wasserenthärtungsanlagen, den sogenannten domestic heating compliance guide.

Die Pandemie, während der viele an ihren Häusern werkelten, hat den Brüdern geholfen. 2020 machten sie bereits 1,8 Millionen Euro Umsatz, in diesem Jahr könnten es, wenn alles so weiterläuft wie bisher, um die sieben Millionen werden. Nicht nur Geschäfte im Ausland sollen das Unternehmen voranbringen, auch im Inland möchten die Brüder ihre Produkte zusätzlich im stationären Handel vertreiben. Zudem überlegen sie, wie das katalytische Modul künftig so gestaltet werden kann, dass Hausbesitzer es selbst wechseln können. Aber es gibt auch zunehmend Konkurrenz, "das sieht man an den Preisen für die Google-Anzeigen", sagt Maximilian Wilk.

Die Kosten für den Einbau sind überschaubar und dazu kalkulierbar, denn Aqon bietet den Einbau zum Festpreis an, die Kunden müssen lediglich ein Foto von der Situation an ihrem Hauswasseranschluss schicken, damit klar ist, welche Rohrgrößen und Materialien verwendet werden. Das kleinste Modell, gedacht für ein Einfamilienhaus mit vier Personen, kostet mit Einbau gut 1200 Euro. Es funktioniert etwa zehn Jahre. Ein Modell, das 20 Jahre halten soll, kostet gut 2100 Euro.

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