VW:Müllers Milliardenplan für den Neuanfang von VW

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VW-Chef Matthias Müller. (Foto: AFP)
  • VW plant einen deutlichen Schnitt, um bei der Elektromobilität aufzuholen. Bis 2025 könnte jeder vierte VW batteriebetrieben sein, kündigte Konzernchef Müller an.
  • Doch die Sache hat einen Haken. VW muss nun anderswo sparen. Denn die angekündigen Maßnahmen kosten Milliarden.

Von Angelika Slavik, Wolfsburg und Claus Hulverscheidt, New York

Matthias Müller ist auf die Sekunde pünktlich an diesem Donnerstag, kein Wunder. Seit Müller das Amt des Vorstandsvorsitzenden bei Volkswagen übernommen hat, hatte er praktisch nur unangenehme Termine zu absolvieren: Demut demonstrieren bei den Behörden, Rechtfertigungen vor der Presse, sogar beim US-Präsidenten sprach Müller vor, um sich für die Manipulationen beim Diesel zu entschuldigen. Diesmal aber will er verkünden, was nun aus diesem Konzern werden soll. "Strategie 2025" sind Müllers Pläne betitelt. Das ist seine Vision von diesem Unternehmen, das ist das Projekt, an dem er sich messen lassen will.

Müller will Volkswagen neu erfinden. Moderner soll das Unternehmen werden, kundenorientierter, vor allem aber: eine Hochburg des Elektro-Antriebs. Ein Drittel aller neu verkauften Fahrzeuge im Jahr 2030 werde elektrisch betrieben werden, glaubt man bei VW - und davon sollen möglichst viele aus Wolfsburg kommen. Bis 2025 will Volkswagen mehr als 30 neue E-Autos auf den Markt bringen. Ob man dabei selbst auch Batterien produzieren werde, wolle man prüfen, sagt Müller.

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Es soll an diesem Tag um die große Linie gehen

Volkswagen im Jahr 2025, das ist in Müllers Vorstellung nicht mehr einfach ein Autohersteller, nein. Volkswagen soll dann ein "Mobilitätsdienstleister" sein. Zu diesem Zweck hat sich der Konzern bereits vor einigen Wochen an der Taxi-App Gett beteiligt. Ob Car-Sharing oder autonom fahrende Taxis, Volkswagen will dabei sein, egal was kommt. Das werde "mehrere Milliarden Euro" kosten, sagt Müller. Viel präziser wird er nicht. Die genauen Maßnahmen und die konkreten Zahlen werde Volkswagen bis zum Jahresende liefern. Heute soll es nur um die große Linie gehen.

Dennoch ist klar: Billig sind Müllers Pläne nicht. Deswegen wird an allen Ecken und Enden gespart werden müssen. Müller nennt es, "die Effizienz unserer Investitionsausgaben steigern". Heißt: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die Investitionsquote, werde sinken, am Ende soll aber mehr dabei rauskommen. Das klingt nach ziemlich optimistischer Planung. Auch eine Veränderung im Markenportfolio von Volkswagen sei möglich, deutet Müller an, aber auch die Modellpalette stehe auf dem Prüfstand. "Größe ist kein Selbstzweck", sagt er. Seit langem wird spekuliert, VW könnte einzelne Marken abstoßen, nicht zuletzt, um die finanziellen Folgen aus der Dieselaffäre auszugleichen.

In den USA indes geht das Zittern für Volkswagen weiter: Bundesrichter Charles Breyer gewährte Volkswagen einen letzten Aufschub, um sich mit den Behörden auf eine einvernehmliche Lösung zur Überwindung der Probleme zu verständigen. Breyer teilte in der Nacht zu Donnerstag mit, er habe die Frist, bis zu der er ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch liegen muss, um eine Woche bis zum 28. Juni verlängert. Er begründete seine Entscheidung mit der "technisch schwierigen Materie", die es zu bewältigen gelte. Das deutet darauf hin, dass sich Volkswagen und die US-Behörden zwar prinzipiell, aber noch nicht in allen Details einig sind, wie sich der Skandal aus der Welt schaffen lässt.

Zumindest in den USA wird VW deutlich mehr tun müssen

Das Gericht verlangt von Volkswagen, die fraglichen knapp 500.000 Diesel-Pkw, deren Abgaswerte mit Hilfe einer Software manipuliert wurden, entweder zurückzukaufen oder zu reparieren. VW will die Zahl der Rückkäufe wegen der damit verbundenen Kosten so niedrig wie möglich halten. Zugleich ist eine Nachrüstung der Fahrzeuge jedoch erheblich aufwendiger als in Europa, weil die Abgasgrenzwerte für Dieselwagen in den USA sehr viel strenger sind. Offenbar sind die US-Behörden noch nicht bereit, die von VW geplanten technischen Lösungen in vollem Umfang zu akzeptieren.

Volkswagen hatte im vergangenen September eingestehen müssen, dass das Unternehmen Abgastests seiner in den USA verkauften Diesel-Pkw manipuliert hatte. Die entsprechende Software sorgt dafür, dass die Motoren auf dem Prüfstand - und damit bei den Untersuchungen durch die Behörden - deutlich weniger Schadstoffe ausstoßen als später auf der Straße. Der Skandal weitete sich anschließend auf viele weitere Länder aus. Insgesamt sind mittlerweile mehr als zehn Millionen Fahrzeuge betroffen.

Zumindest in den USA wird VW deutlich mehr tun müssen, als die Autos nur nachzurüsten oder zurückzukaufen. Richter Breyer verlangt von dem Konzern darüber hinaus eine Entschädigung der Autobesitzer und die finanzielle Beteiligung an mehreren Umweltfonds.

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