VW-Aufklärerin Hohmann-Dennhardt:Warum VW-Vorstände Millionenbeträge bekommen

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Christine Hohmann-Dennhardt beim Wirtschaftsgipfel der SZ in Berlin (Foto: Stephan Rumpf)

Zwölf Millionen Euro für Ethikchefin Hohmann-Dennhardt, 17,5 Millionen für den damaligen Chef Winterkorn. Warum bekommen VW-Vorstände so viel Geld?

Von Max Hägler und Klaus Ott, München

Wieder einmal also eine bemerkenswerte Summe bei Volkswagen. Mit seinen 17,5 Millionen Euro in einem Jahr hatte VW-Chef Martin Winterkorn vor sechs Jahren eine große gesellschaftliche Debatte ausgelöst über die Angemessenheit bei Gehältern. Nun lässt sich die Managerin Christine Hohmann-Dennhardt, die angetreten war, den in der Ära Winterkorn entstandenen Dieselskandal aufzuräumen, zwölf Millionen Euro auszahlen.

Ein Jahr Arbeit, dann die angeblich einvernehmliche Trennung - und dafür zwölf Millionen Euro? Einen "ganz normalen Vorgang" nennt die Managerin es. Verträge müssten eben erfüllt werden, sagt die frühere Verfassungsrichterin. Sie kennt sich aus mit Paragrafen und Recht.

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Von Klaus Ott

Für fast alle der etwa 600 000 Beschäftigten bei Volkswagen und für die allermeisten Beschäftigten in der Privatwirtschaft ebenso wie beim Staat sind zwölf Millionen Euro eine astronomische Zahl. VW schreibt zu den Gehältern seiner Manager: "Die Höhe der Vorstandsvergütung soll im nationalen und internationalen Vergleich angemessen und attraktiv sein." Und damit auch die weitere Bezahlung im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens. Die meisten deutschen Firmen dieser Größenordnung bezahlen ihre Manager weiter, auch wenn man sich früher trennt als geplant und man den Vertrag im gegenseitigen Einvernehmen auflöst.

Vorstandsposten sind meist befristet

Hohmann-Dennhardt hatte VW als Vorstand für Recht und Integrität bei der Bewältigung der Abgasaffäre helfen sollen. Sie war vielleicht eine, die zu sehr aufräumen wollte, die andererseits aber auch einfach nur eine Fehlbesetzung gewesen sein könnte. Jetzt also die Trennung wegen "unterschiedlicher Auffassungen über Verantwortlichkeiten".

Vorstandsjobs in der Industrie sind wie Trainerposten im Profisport befristet und oftmals Schleudersitze. Daher beharrt jeder Manager wie auch Trainer darauf, bei einer vorzeitigen Ablösung ausbezahlt zu werden. Der Vertrag von Hohmann-Dennhardt bei VW läuft noch bis Ende des Jahres 2018. Der Autokonzern muss bis dahin alles zahlen, was festgeschrieben ist. Das gilt nicht nur für das Grundgehalt, sondern offenbar auch für die voraussichtlichen Boni, die sich am Erfolg des Unternehmens bemessen und bei VW-Spitzenmanagern bis zu 75 Prozent des gesamten Jahresgehalts ausmachen.

VW-Geschäftsbericht 2016 könnte Details zu Hohmann-Dennhardt offenlegen

Diese Boni werden bei solchen Trennungen normalerweise für die Zukunft hochgerechnet, anhand früherer Zahlen. Für das Jahr 2015 haben die VW-Vorstandsmitglieder im Schnitt etwa drei Millionen Euro kassiert - trotz Abgasaffäre. VW-Chef Matthias Müller zum Beispiel erhält 1,1 Millionen Euro Fixgehalt, plus 3,6 Millionen Euro Bonus - zuzüglich Rentenanspruch.

Nach lautstarker öffentlicher Diskussion hatte sich der Vorstand mit dem Aufsichtsrat im vergangenen Jahr darüber verständigt, dass das Unternehmen 30 Prozent der Boni einbehält. Als Zeichen der Solidarität in Zeiten der Dieselkrise, gewissermaßen. Allerdings werden diese einbehaltenen Millionen bei einer guten Entwicklung des Aktienkurses doch noch ausgezahlt. Das lässt sich dem Geschäftsbericht für das Jahr 2015 entnehmen. Der für 2016 liegt noch nicht vor und damit keine Details zu Hohmann-Dennhardt, die ihren Job bei VW ja erst am 1. Januar 2016 angefangen hatte.

Übernahme von vorhergehenden Ansprüchen ist in Manager-Kreisen normal

Ihr stehen laut VW noch knapp zwei Jahresbezüge zu, inklusive Boni, das dürfte dem Vernehmen nach etwa sechs Millionen Euro ergeben. Hinzu kommen Ansprüche der Juristin, die sie zuvor als DaimlerVorstand erworben hatte. Dort hatte Hohmann-Dennhardt bei den Aufräumarbeiten einer Schmiergeldaffäre geholfen und war dann vorzeitig ausgeschieden, um auf Wunsch von VW nach Wolfsburg zu wechseln. Bei Daimler gingen der ehemaligen SPD-Politikerin durch den Ausstieg Ansprüche auf Aktien verloren, die sie später bekommen hätte. Das musste VW ausgleichen, um Hohmann-Dennhardt zu bekommen. Macht noch einmal viel Geld - und ergibt insgesamt gut zwölf Millionen Euro.

Die Übernahme von vorhergehenden Ansprüchen ist in Manager-Kreisen in der Tat normal. Ansonsten bleiben die Manager, die ein Konzern holen möchte, eben beim alten Arbeitgeber. Ein Vergleich mit der Fußballbranche und deren Transfergelder liegt auch hier nahe, trifft aber nicht zu: In der Industrie erhalten die vorherigen Arbeitgeber bei vorzeitigen Wechseln keine Ablösesummen.

© SZ vom 01.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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