Vorstand der Deutschen Post:Wieder eine Frau weniger

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Die Spitzenmanagerin Angela Titzrath wirft ihren Vorstandsposten bei der Deutschen Post hin. Auch bei anderen Konzernen sind in den vergangenen Monaten weibliche Führungskräfte wieder gegangen. Titzraths Abschied bedauern sogar Gewerkschafter.

Von Kirsten Bialdiga, Bonn

Wer auch immer in den letzten Monaten in der deutschen Wirtschaft nach einem geeigneten Aufsichtsrat suchte, kam schnell auf Angela Titzrath. Die Arbeitsdirektorin der Deutschen Post DHL vereinbart alles, was sich Headhunter wünschen: Management-Erfahrung auf den Spitzenetagen zweier deutscher Großkonzerne, Internationalität, ein überzeugendes Auftreten - und das richtige Geschlecht. Denn die Frauenquote für Aufsichtsräte erreicht bisher kaum ein Dax-Konzern. Jetzt hat die Vorzeigefrau, die mächtigste Personalchefin Deutschlands, ihren Vorstandsposten bei der Deutschen Post nach zwei Jahren überraschend hingeworfen.

Offiziell heißt es in einer dürren Mitteilung ihres Arbeitgebers, sie habe ihr Mandat "aus persönlichen Gründen" niedergelegt. Intern ist die Rede von unterschiedlichen Auffassungen über die Personalarbeit des Bonner Konzerns mit über 400 000 Beschäftigten weltweit. So hatte Konzernchef Frank Appel vor wenigen Wochen angekündigt: "Wir müssen das Delta zwischen den Lohnkosten der Post und denen der Konkurrenz schließen." Die Tarifabschlüsse der vergangenen Jahre seien zu hoch ausgefallen, übte der Post-Chef deutliche Kritik. Das betraf Tarifabschlüsse, die auch Titzrath verhandelt hatte. Im Jahr 2013 hatte die frühere Daimler-Managerin, die sechs Sprachen spricht, mit der Gewerkschaft Verdi Lohnerhöhungen von 5,7 Prozent vereinbart und damit damals einen bundesweiten Streik abgewendet, der die Post leicht mehr hätte kosten können als der Tarifabschluss, meinen Insider.

"Bedauerlich, dass sich eine positive Entwicklung wieder in ihr Gegenteil verkehrt."

Bei Verdi löste Titzraths Ausscheiden Bedauern aus. "Sie war für uns eine zielstrebige und auch harte, aber immer auch sehr faire Verhandlungspartnerin", sagte Verdi-Vizechefin und Post-Aufsichtsrätin Andrea Kocsis.

Im kommenden Frühjahr läuft der aktuelle Tarifvertrag aus. Dann stehen neue Verhandlungen an. Gleichzeitig verkündete Vorstandschef Appel dem Kapitalmarkt aber ehrgeizige Gewinnziele für die nächsten Jahre. "Da waren Konflikte programmiert", heißt es in informierten Kreisen. Bis ein Nachfolger für Titzrath gefunden ist, wird Appel das Personalressort zusätzlich übernehmen.

Mit ihrem überraschenden Ausscheiden als Vorstandsfrau eines Dax-Konzerns steht Titzrath nicht allein. Auch Managerinnen wie Marion Schick von der Telekom, Regine Stachelhaus von Eon oder Brigitte Ederer von Siemens hatten es nicht lange in der Vorstandsetage ausgehalten. "Es ist bedauerlich, dass eine positive Entwicklung, die vor zwei bis drei Jahren begonnen hat, sich nun langsam wieder in ihr Gegenteil verkehrt", sagt Commerzbank-Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Müller hatte sich in seiner Zeit als Chef der Corporate-Governance-Kommission für mehr Frauen in Führungspositionen der deutschen Wirtschaft eingesetzt. Er erklärt den jüngsten Exodus der Frauen aus Spitzenjobs so: "Wenn eine Frau zu schnell in Top-Führungspositionen gedrängt wird, muss das nicht positiv sein." Oft sei es besser, in der klassischen Weise die Karriereleiter Stufe für Stufe hinaufzusteigen.

Genau diese Ochsentour allerdings hatte Angela Titzrath bei Daimler hinter sich. Doch bei der Post galten offenbar andere Regeln.

© SZ vom 03.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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