Vorsätzlicher Bankrott:Warum Anton Schlecker angeklagt wird

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Mehr als 20 000 Angestellte verloren bei der Schlecker-Insolvenz ihre Jobs. (Foto: dpa)

13 Straftaten soll der einstige Drogeriekönig Anton Schlecker begangen haben. Sein Ziel laut Staatsanwaltschaft: vorsätzlicher Bankrott. Und Millionen auf den Konten der Familie.

Von Max Hägler, Stuttgart, und Thomas Fromm, München/Stuttgart

Anton Schlecker, sagen Leute, die ihn kennen, lebe immer noch wie früher: zurückgezogen in Ehingen. Nur sei seit der Insolvenz im Jahre 2012 sein Lebenswerk dahin. Das Lebenswerk eines Mannes, der als Metzgermeister in Ulm begann, Drogeriekettenkönig wurde und dann pleite ging. 25 000 Menschen aus dem Reich des Shampoo-Patriarchen verloren ihren Job. Ein tiefer Fall, nicht nur für den König. Die Gläubiger forderten daraufhin rund eine Milliarde Euro von dem Unternehmer, der in seinen Hoch-Zeiten an die 9 000 Filialen im In- und Ausland betrieben hatte.

Vier Jahre sind seit der Schlecker-Pleite vergangen, nun hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Der Vorwurf: 13 Straftaten soll Schlecker begangen haben. Theoretisch droht eine Höchststrafe von bis zu zehn Jahren. Insider rechnen indes nicht mit einer Haftstrafe. Es geht um falsche Angaben zu Bilanzen, eine Falschaussage an Eides statt und vor allem: viele Geldüberweisungen. Schon vor der Insolvenz sollen er und seine Familie Vermögen beiseite geschafft und es auf diese Weise dem Zugriff der Gläubiger entzogen haben. Der Vorwurf der Kläger: vorsätzlicher Bankrott. Es geht um Schlecker, seine Frau Christa und seine beiden Kinder Meike und Lars - Sohn und Tochter müssen sich auch wegen Insolvenzverschleppung und Untreue verantworten.

Die Vorwürfe, über die zuerst Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten berichtet hatten, waren bereits bekannt. So geht es etwa um Geldgeschenke Schleckers an seine Enkel: 800 000 Euro, ein üppiges Präsent vom Großvater. Als das Geld überwiesen wurde, fuhr die Firma bereits Millionenverluste ein. Mal wurde den Kindern eine Reise nach Antigua spendiert (Wert des Urlaubs: 60 000 Euro), mal ging es um die Frage, ob bei der Kostenübernahme für Grundstücke seiner Kinder alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Schlecker haftete mit seinem Privatvermögen

Immobilien sollen innerhalb der Familie verkauft oder verschenkt worden sein. So ein Logistikzentrum der Firma, noch kurz vor der Insolvenz für 2,5 Millionen Euro an die Kinder weitergereicht.

Transaktionen, immer wieder Transaktionen. Ein möglicher Schlüssel für vieles: Schlecker führte seinen Konzern als "eingetragener Kaufmann". Das bedeutete: Schlecker haftete mit seinem kompletten Privatvermögen für seine Schulden.

Neu sind viele der Vorwürfe nicht, Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz hat einiges in seinen Akten schon aufgelistet - und vor einiger Zeit bereits Geld überwiesen bekommen. Jetzt kommt die strafrechtliche Aufarbeitung. "Ich habe damit gerechnet, dass Anklage erhoben wird und behalte mir vor, hier Rechte geltend zu machen", sagte er am Abend der SZ.

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Schlecker-Tochter Meike fasste mit einem Satz zusammen, wie sehr ihre Familie in der Misere stecke: "Es ist nichts mehr da." Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft, ob bei der Schlecker-Pleite alles mit rechten Dingen zuging. Unter Verdacht stehen Unternehmensgründer Anton Schlecker und 13 weitere Personen.

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Die Folgen der Pleite sind noch heute vielerorts sichtbar

Von Insidern, die mit dem Fall betraut sind, heißt es, dass die Familie bereits einiges wiedergutgemacht habe: 10,1 Millionen von den im Raume stehenden 20 Millionen Euro seien an Geiwitz überwiesen worden; dafür durfte die Familie ihr Anwesen in Ehingen behalten. Schenkungen an Enkelkinder habe man rückabgewickelt. Etliche Zahlungen seien zudem strittig und nicht eindeutig zuzuordnen, zum Beispiel Bewegungen auf Verrechnungskonten zwischen einzelnen Firmen oder Autoreparaturen für den Porsche von Tochter Meike Schlecker. War es ein Dienstwagen? Ein Geschenk?

Bei Familiengeschäften ist es oft schwierig, alles sauber abzugrenzen.

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Die Folgen der Pleite sind noch heute vielerorts mit den Händen zu greifen: Wer vor allem zu leiden hat, sind die Vermieter der Ladenlokale und vor allem die Arbeitnehmer. Aber auch die Bundesagentur für Arbeit, die über drei Monate das Insolvenzgeld, also die Löhne, gezahlt hatte, bekam die Schlecker-Krise zu spüren. Gut 250 Millionen Euro Forderungen stehen insgesamt noch aus.

Der Versuch, einen Teil der Filialen als moderne Tante-Emma-Läden wiederzubeleben, scheiterte 2013.

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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