Razzia bei insolventer Drogeriekette:Was die Staatsanwaltschaft bei Schlecker sucht

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Schlecker-Tochter Meike fasste mit einem Satz zusammen, wie sehr ihre Familie in der Misere stecke: "Es ist nichts mehr da." Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft, ob bei der Schlecker-Pleite alles mit rechten Dingen zuging. Unter Verdacht stehen Unternehmensgründer Anton Schlecker und 13 weitere Personen.

Hans von der Hagen

Jede Pleite bringt ihre eigenen Worte und Bilder mit sich. Als etwa die Bank Lehman kollabierte, sah alle Welt die Angestellten, die in Kartons ihre persönliche Habe in Sicherheit brachten. Als die Drogeriekette Schlecker Insolvenz anmeldete, blieb ein Satz der Tochter des Unternehmensgründers Anton Schlecker haften: "Es ist nichts mehr da", sagte Meike Schlecker auf der ersten Pressekonferenz zur Beginn der Insolvenz.

Später präzisierte sie in einem gemeinsamen Statement mit ihrem Bruder Lars, dass die Familie zurechtkommen würde und nicht jammern wolle. "Wir helfen unserem Vater mit unseren eigenen Mitteln, die wir rechtmäßig besitzen." Der Vater besäße kein Vermögen mehr. "Vom Sportwagen bis zur schönen Uhr" habe er alles abgeben müssen. Zudem "kooperieren wir genauso wie unser Vater selbstverständlich offen und transparent mit dem Insolvenzverwalter". Das bedeute, dass Übertragungen "insbesondere in den letzten vier, aber auch in den letzten zehn Jahren" diskutiert und "gegebenenfalls auch rückübervergütet" würden.

Hinter diesen Worten steckt eine Verteidigungsstrategie. Es geht um die Ehre, aber es geht auch ums schnöde Geld. Denn solche Übertragungen, also Kapitaltransfers von einer Firma zu einer anderen, können zu den Gründen gezählt haben, warum an diesem Mittwoch mehr als 160 Ermittler in einer Razzia 18 Wohnungen und vier Geschäftsräume im gesamten Bundesgebiet durchsuchten. Denkbar ist etwa, dass die angekündigte Kooperation zwischen dem Insolvenzverwalter und den Schlecker-Erben ins Stocken geraten ist.

Die Gründe für die Razzia nennen die Ermittler noch nicht

Die Staatsanwaltschaft hüllt sich allerdings bislang weitgehend in Schweigen. Es hieß lediglich, dass es um den Verdacht der Untreue, der Insolvenzverschleppung und des Bankrotts gehe. "In unserer Vorprüfung hat sich ein Anfangsverdacht bestätigt", erklärte Staatsanwältin Claudia Krauth. Die war Mitte Juni aufgenommen worden - bei Insolvenzfällen wird routinemäßig die Staatsanwaltschaft informiert.

Anton Schlecker kann als Einzelperson in der von ihm für sein Drogerie-Imperium gewählten Rechtsform eingetragener Kaufmann nicht wegen einer Insolvenzverschleppung belangt werden - also wegen einer nicht richtig oder einer zu spät angemeldeten Insolvenz. Doch die Unternehmenstöchter sind rechtlich anders organisiert: Anton Schleckers Immunität gilt also nicht für die Ihr Platz GmbH & Co. KG und die Schlecker XL GmbH.

Außerdem könnten bei Anton Schlecker - sofern er sich schuldig gemacht hat - die Straftatbestände Bankrott, Untreue oder Betrug greifen, die mit der Verschleppung eines Insolvenzverfahrens zusammenhängen. Der Begriff Bankrott steht im juristischen Sinne für eine schuldhaft herbeigeführte Insolvenz. Solche Tatbestände können laut Gesetz mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Vor allem bei Vermögensübertragungen vor Insolvenzen gilt das deutsche Recht als penibel: Es muss nachgewiesen werden, dass die Beteiligten von einer bevorstehenden Pleite nichts wissen.

In den vergangenen Wochen hatte es Spekulationen gegeben, dass Schlecker kurz vor Anmeldung der Insolvenz seinen Kindern Vermögensgegenstände verkauft haben könnte.

Durchsuchungen nach Schlecker-Insolvenz: Mehr als 160 Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaft durchsuchten am Mittwoch Wohnungen und Geschäftsräume in mehreren Bundesländern. (Foto: dapd)

Die Bild-Zeitung nannte etwa das österreichische Zentrallager in Pöchlarn, dass die Schlecker-Kinder gemäß den Vertragsunterlagen nur wenige Tage vor der Pleite von ihrem Vater für 2,5 Millionen Euro gekauft haben sollen. Anton Schlecker habe den Vertrag sogar erst weit nach Anmeldung der Insolvenz unterschrieben. Womöglich wurde das Lager auch zu billig verkauft. Jedenfalls zitierte das Blatt damals den Bürgermeister des Ortes mit den Worten: "Wenn die Immobilie so verwendet wird wie bisher, hat sie einen wesentlich höheren Wert."

Daneben gibt es aber noch viele weitere Gesellschaften, an denen zwar ein Mitglied der Familie Schlecker beteiligt ist, nicht aber Anton Schlecker. Darunter finden sich Unternehmen wie die Auto-Salon-Singen Investoren KG, oder die Vermögensverwaltung Sigamma Beteiligungs GmbH.

Die Staatsanwaltschaft dürfte nun nachprüfen, ob am Ende nicht doch noch eigenes Vermögen in Sicherheit gebracht wurde - und wann in diesem Zusammenhang der Familie klar war, dass eine Insolvenz unumgänglich ist.

Die Schlecker-Erben behaupten, dass sich "die eigentliche Insolvenz" aus ihrer Sicht "innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums zugespitzt und letztlich auch zur Insolvenzanmeldung geführt" habe. Es ist gut möglich, dass die Ermittler das anders sehen.

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