Volkswagen:Umweltfreundlich ist anders

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VW hatte 400 Millionen Euro von einer EU-Bank erhalten, um einen umweltfreundlichen Motor zu entwickeln. Am Ende stand der Abgasskandal. Doch jetzt werden die Ermittlungen eingestellt.

Von Thomas Fromm, Alexander Mühlauer und Klaus Ott, Brüssel/München

Ein Autohersteller erhält einen Kredit für einen umweltfreundlichen Motor und heraus kommt womöglich: ein Skandal. Volkswagen hat vor Jahren ein Darlehen von der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Höhe von 400 Millionen Euro bekommen, um einen umweltfreundlichen Motor zu entwickeln. Am Ende soll ausgerechnet jener Dieselmotor mit dem Namen EA 189 gebaut worden sein, der durch die Abgasaffäre bekannt wurde.

"Der Sachverhalt ist nicht strafbar und wäre auch nicht mehr verfolgbar gewesen."

Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) begann, die Kreditvergabe aus dem Jahr 2009 genauer zu prüfen. Das Fazit: Das Geld sei nicht in eine zukunftsweisende, umweltfreundliche Antriebstechnik geflossen, sondern in einen manipulierten Motor. EU-Geld für Forschung sei zweckentfremdet worden. Der Fall wurde an die Staatsanwaltschaft Braunschweig weitergereicht. Sie gab nun auf Anfrage bekannt, dass das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug gegen Mitarbeiter des VW-Konzerns eingestellt ist. Der "Sachverhalt ist nach deutschem Strafrecht nicht strafbar und wäre auch nicht mehr verfolgbar gewesen". Es liege kein Subventionsbetrug vor, da "keine unrichtigen oder unvollständigen Angaben über subventionserhebliche Tatsachen gemacht" worden seien. Im Übrigen habe es sich nach dem Wortlaut der Vereinbarung um ein verzinsliches Darlehen im Rahmen der Wirtschaftsförderung gehandelt, das vertragsgemäß zurückgezahlt worden sei. Auch aus diesem Grunde käme mangels Schaden ein Betrug nicht in Betracht. Olaf sei vor der Entscheidung, das Verfahren einzustellen, angehört worden. Die EU-Behörde habe "keine Einwände" dagegen erhoben.

Die EIB und Olaf wollten die Einstellung des Verfahrens in Braunschweig nicht kommentieren. Man hatte sich im Dezember mit VW darauf geeinigt, dass die EIB ihre Ermittlungen einstellt und Volkswagen seinerseits innerhalb der kommenden 18 Monate freiwillig nicht mehr an Projekten der Europäischen Investitionsbank teilnimmt.

Das Darlehen über 400 Millionen Euro wurde von VW bereits im Jahr 2014 vollständig zurückgezahlt. Dabei war man bei der EIB seinerzeit euphorisch, was das Projekt mit VW angeht. "Wir freuen uns, mit diesem Kredit nicht nur umweltfreundlichere Technologien in Europa zu fördern, sondern auch der Automobilindustrie in schwierigen Zeiten tatkräftig helfen zu können", hatte man das Darlehen und seinen Zweck gelobt. Ein Satz, der heute - trotz der Einstellung des Braunschweiger Verfahrens - klingt wie Hohn.

Nachdem Olaf die EIB im Sommer 2017 über seine Untersuchungsergebnisse informiert hatte, sagte EIB-Präsident Werner Hoyer: "Wir sind sehr enttäuscht über das, was die Olaf-Untersuchung ergeben hat. Die EIB wurde von VW über die Nutzung der Abschalteinrichtung der Abgasreinigung getäuscht." Dennoch: Das Verfahren gegen VW-Mitarbeiter wegen möglichem Subventionsbetrug ist nun vorüber, mit einem glimpflichen Ende für Volkswagen.

Und als Unternehmen hat VW mit den deutschen Ermittlern ebenfalls keinen Ärger mehr. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat bereits eine Milliarde Euro Bußgeld verhängt, die Staatsanwaltschaft München II hat 800 Millionen Euro von der VW-Tochter Audi kassiert. Weiter laufen die Strafverfahren gegen Ex-Chef Martin Winterkorn, den heutigen Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess sowie Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch. Alle drei bestreiten alle Vorwürfe. Falls es doch zu Prozessen käme, könnte es für den Konzern noch ärgerlich werden: Kunden und Aktionäre hoffen, dass dann einiges herauskommt, was bei Schadenersatzklagen hilft.

© SZ vom 16.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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