Verwirrung um Transrapid-Auftrag:Mit Vollgas ins Ungewisse

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Ein Münchner Ingenieurbüro brüstet sich mit einem angeblichen Transrapid-Auftrag aus dem Iran. Bundesregierung und Industrie sind irritiert.

Tomas Avenarius und Thomas Fromm

Berichte über einen angeblichen Vertrag zum Bau des Transrapid im Iran haben am Mittwochabend für Verwirrung gesorgt. So hatte die ARD berichtet, das iranische Ministerium für Verkehr und Transport, das Münchner Ingenieurbüro Schlegel sowie der Gouverneur von Maschad hätten einen endgültigen Vertrag zum Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke in der islamischen Republik unterzeichnet.

Prestigeobjekt Transrapid (im Bild auf einer Teststrecke in Lathen): Ein Münchner Ingenieurbüro hat angeblich einen Milliardenauftrag für ein Transrapid-Projekt im Iran. Die Bundesregierung und die deutsche Industrie sind irritiert. (Foto: Foto: AP)

Aus dem Umfeld der Verhandlungspartner hieß es, bei dem Vertrag gehe es um Investitionen in Höhe von 6,7 Milliarden Euro, die Iran innerhalb von 20 bis 30 Jahren zurückzahlen solle.

Die neue Transrapidstrecke wäre mit ihren über 800 Kilometern die bislang weltweit längste Strecke des Hochgeschwindigkeitszugs - und daher eine Sensation. Wenn sie tatsächlich gebaut würde. In Industriekreisen wurden die Meldungen am Abend skeptisch beurteilt. Bei dem Vertrag könne es sich "höchstens um eine Machbarkeitsstudie" handeln.

"Sehr ungewöhnlich"

Es sei "sehr ungewöhnlich", dass Ingenieurbüros Verträge in dieser Größenordnung abschließen könnten, ohne gleichzeitig die Schlüsseltechnologien liefern zu können.

Zudem habe Schlegel bereits 2007 den Auftrag für eine Machbarkeitsstudie aus Iran erhalten. Ein Schlegel-Sprecher erklärte dazu, man habe den Auftrag, das Projekt mit einem deutschen Konsortium umzusetzen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Wie Siemens reagiert, warum dem Projekt aus Deutschland politischer Widerstand droht - und wie Teheran zu dem Vorhaben steht.

Beim Siemens-Konzern, der den Transrapid gemeinsam mit Thyssen Krupp baut, reagierte man verwundert. "Das ist schon absonderlich", sagte ein Sprecher. "Außer Thyssen Krupp und Siemens ist niemand technisch in der Lage, den Transrapid zu liefern. Wir wissen aber von nichts; mit uns hat niemand über ein solches Projekt gesprochen." Ein Ingenieurbüro könne "alleine keinen Transrapid bauen". Die Frage sei daher, "was ein solcher Vertrag wert" sei.

Die Hochgeschwindigkeitsstrecke, die seit mehreren Jahren im Gespräch ist und deren Bau auf den Widerstand von Bundeskanzlerin Angela Merkel stößt, soll die Hauptstadt Teheran mit der Pilgerstadt Maschad in Ost-Iran verbinden.

Politischer Widerstand

Die iranische Nachrichtenagentur Mehrnews meldete zuvor, der Gouverneur der Provinz von Maschad, Muhamad Jawad Mohamadizadeh, habe in Anwesenheit des iranischen Transportministers Hamid Belbahani einen "gegenseitigen Vertrag" mit einem deutschen Unternehmen geschlossen. Das iranische Wirtschaftsministerium werde einen Vertrag über die Finanzierung ausarbeiten.

Der Bau der Strecke würde auf politischen Widerstand in Deutschland stoßen. Kanzlerin Merkel hatte das Projekt abgelehnt, als es 2007 ins Gespräch gekommen war. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte ebenfalls protestiert. Man dürfe "mit Holocaust-Leugnern" keine Geschäfte machen. Mit dem Zug könnten "Terroristen und Waffen" transportiert werden.

Der Transrapid böte nach iranischen Angaben die Möglichkeit, jährlich 40 Millionen Touristen und Pilger zwischen Teheran und Maschad zu transportieren. Die Bauzeit läge bei fünf bis sechs Jahren. Das Projekt böte deutschen Unternehmen ein enormes Potential, sagte ein mit dem Projekt vertrauter Teheraner Fachmann der Süddeutschen Zeitung.

© SZ vom 28.05.2009/kaf/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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