Verstoß gegen Wettbewerbsrecht:EU kritisiert Erneuerbare-Energien-Gesetz

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Deutschen Unternehmen droht eine milliardenschwere Nachzahlung: EU-Wettbewerbshüter stoßen sich am Erneuerbare-Energien-Gesetz, das vor allem energieintensiven Betrieben Rabatte bei der Ökostrom-Umlage gewährt. Wird die Regelung gekippt, hätte das gravierende Folgen für die Energiewende.

Von Javier Cáceres und Daniela Kuhr

Deutsche Unternehmen, die viel Energie verbrauchen, müssen womöglich Nachzahlungen in Milliardenhöhe leisten. Europas oberste Wettbewerbshüter halten die Sonderbefreiung der deutschen Industrie von der Ökostrom-Förderung für eine unzulässige Beihilfe. An diesem Mittwoch werde die Europäische Kommission ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland eröffnen, berichtet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Demnach sei EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia zu dem Schluss gekommen, dass das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Teilen gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoße.

Konkret gehe es dabei um die sogenannte EEG-Umlage - eine Abgabe, mit der die Stromverbraucher den Aufbau erneuerbarer Energiequellen finanzieren. Dem Bericht zufolge stößt sich die Kommission daran, dass "energieintensive Betriebe" von der Beteiligung an den Kosten weitgehend ausgenommen werden. Almunias Sprecher sagte am Sonntag lediglich: "Kein Kommentar." Allerdings gilt die Aufnahme eines Beihilfeverfahrens in Brüssel schon länger als wahrscheinlich.

Nach SZ-Informationen wird in Branchenkreisen damit gerechnet, dass das Beihilfeverfahren am Mittwoch kommt. In dem Spiegel-Bericht heißt es, dass das Verfahren nicht nur darauf abziele, alle Ausnahmen von der EEG-Umlage zu verbieten. Wahrscheinlich werde Brüssel auch rückwirkend eine Korrektur fordern. Energieintensive Betriebe müssten dann erhebliche Summen an eingesparten Abgaben nachzahlen. Je nach Umfang der Kommissionsforderung könnten sich die Einbußen rasch zu Milliardensummen addieren.

Es trifft Industriekonzeren und Mittelständler

Zu spüren bekämen das nicht nur Industriekonzerne, sondern auch Mittelständler. Grund dafür ist unter anderem, dass seit Einführung der EEG-Umlage im Jahr 2003 die Definition von "energieintensiven Unternehmen" immer weiter aufgeweicht wurde. Nachdem ursprünglich Branchen wie die Stahl-, Aluminium- oder Chemieindustrie ausgenommen worden waren, um im internationalen Wettbewerb gegen subventionierte Rivalen bestehen zu können, kamen zuletzt auch Einzelhandelsketten, Rechenzentren und sogar Golfplätze in den Genuss von Ausnahmen. Erst vergangene Woche war bekannt geworden, dass für das kommende Jahr 2367 Unternehmen eine Befreiung beantragt haben, so viele wie noch nie. Schätzungen zufolge könnten sie damit etwa fünf Milliarden Euro Stromkosten sparen.

Sollte sich Almunia durchsetzen, hätte dies vermutlich große Folgen für die deutsche Energiewende. Das EEG-Gesetz ist zentraler Bestandteil für den Aufbau erneuerbarer Energien. Im Bundesumweltministerium wusste man am Sonntag nichts davon, dass am Mittwoch ein Verfahren eingeleitet werden solle. "Unseres Wissens nach hat die EU-Kommission noch keine formelle Entscheidung getroffen", sagte eine Sprecherin.

Das Ministerium gehe aber davon aus, dass die Befreiung von der EEG-Umlage keine Beihilfe darstelle - und insofern auch kein Verstoß gegen EU-Recht vorliege. Nach Ansicht der Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn hat sich die Bundesregierung das Verfahren "selbst eingebrockt", indem sie die Kriterien für eine Befreiung deutlich gesenkt habe.

© SZ vom 15.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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