Versicherungspflicht:Jetzt wird auch noch der Aufsitzrasenmäher reguliert

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Selbst der Branchenverband GDV hält eine Versicherung für Aufsitzrasenmäher für überflüssig. (Foto: imago)

Fahrzeuge, die mit weniger als 20 Kilometer pro Stunde unterwegs sind, brauchen bislang keine Versicherung. Das kann so nicht bleiben, findet die Regierung - als hätte sie nichts anderes zu tun.

Von Jonas Tauber, Berlin

Man mag es kaum glauben: Im als regelungswütig geltenden Deutschland gibt es tatsächlich Kraftfahrzeuge auf den heimischen Straßen, für die bislang keine Versicherungspflicht besteht. Dann nämlich, wenn sie sich langsamer als 20 Kilometer pro Stunde fortbewegen. Das kann der Aufsitzrasenmäher - poetischer: Reitermäher - des Landschaftspflegers sein oder der alte Traktor, mit dem der Jugendliche erste Fahrerfahrung auf dem Waldweg sammelt. Auch der Gabelstapler des Getränkehändlers um die Ecke kam bislang ohne Versicherungspflicht aus.

Ein Problem? Nein, sagt der Gesamtverband der Versicherer (GDV). Denn die langsamen Arbeitsmaschinen sind in der Regel über die allgemeinen Haftpflichtversicherungen der Halter mitversichert. Also über die Privathaftpflicht des Bürgers oder die Betriebshaftpflicht des Unternehmers oder Landwirts. Die Bundesregierung will das ändern und die Versicherungspflicht auf Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit zwischen sechs und 20 Kilometer pro Stunde ausweiten.

Künftig wäre dann zwingend eine Haftpflichtversicherung vorgeschrieben. Möglich soll das wie bisher die Absicherung über eine allgemeine Haftpflichtpolice sein, bei der aber in vielen Fällen höhere Versicherungssummen gelten müssten, oder eben über eine Kfz-Haftpflichtdeckung. Wer das Fahrzeug nicht versichert, muss mit Sanktionen rechnen. Und zwar bereits ab Ende Dezember 2023.

Dass ausgerechnet der Branchenverband der Versicherer dagegen ist, sagt schon etwas über die Bedeutung der Neuregelung aus. Der GDV hält sie schlicht für überflüssig. "Die aktuelle Lösung ist klar, praktikabel, kostengünstig und vollkommen ausreichend", sagt Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen in einer Mitteilung. "Uns ist nicht ein Schadenfall bekannt, in dem der Versicherungsschutz der Allgemeinen Haftpflichtversicherung nicht ausgereicht hätte", so Asmussen.

Mehrere hunderttausend Verträge müssten angepasst werden, warnt der Verband

Der Verband befürchtet steigende Kosten für Halter von selbstfahrenden Arbeitsmaschinen und Staplern durch die geplante Regelung. Die Versicherungssummen müssten künftig auf das in der Kfz-Versicherung geltende Niveau angehoben werden. Für Personenschäden sind hier 7,5 Millionen Euro vorgeschrieben, für Sachschäden 1,5 Millionen Euro und für Vermögensschäden 50 000 Euro. Mehrere hunderttausend Verträge müssten entsprechend angepasst werden, warnt der Verband.

Hintergrund des Gesetzentwurfs ist eine EU-Richtlinie zur Kfz-Haftpflichtversicherung und zur Versicherungspflicht, die weitgehend bis zum 23. Dezember 2023 umgesetzt werden muss. Ein Schwerpunkt der Richtlinie liegt in einer Vereinheitlichung der Entschädigung von Verkehrsopfern im Fall der Insolvenz eines Autoversicherers.

Ende September hat der Bundestag den Gesetzentwurf ohne Aussprache an den Rechtsausschuss des Parlaments überwiesen. Wann sich die Fachpolitiker dort mit dem Vorhaben beschäftigen, stand am vergangenen Mittwoch noch nicht fest. Zuvor hatte die Bundesregierung auf Anregung des Bundesrats angekündigt, eine Verschiebung der bereits für Ende Dezember vorgesehenen Strafen bei Nichtversicherung zu prüfen.

Die gute Nachricht: Die neue Versicherungspflicht soll nur gelten, wenn Fahrzeuge auf öffentlich zugänglichem Gelände zum Einsatz kommen, heißt es beim GDV. Wer den Reitermäher also auf dem eingezäunten heimischen Garten bewegt, muss keine höhere Rechnung vom Versicherer befürchten.

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