Verkehr - Mainz:Wissing: Hessisches 365-Euro-Ticket nicht direkt übertragbar

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Mainz (dpa/lrs) - Das hessische Schülerticket für 365 Euro im Jahr ist nach Ansicht von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) nicht ohne weiteres auf Rheinland-Pfalz übertragbar. "Der Vergleich zwischen den Ländern hinkt", sagte er in einem Redaktionsgespräch der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. "Wir haben ganz andere ÖPNV-Anforderungen." Während Hessen eine Reihe großer und mittlerer Städte habe, sei Rheinland-Pfalz viel ländlicher. "Nach unseren Berechnungen wäre das 365-Euro-Tage-Ticket dreimal so teuer wie in Hessen." Hessen bezuschusst das 365-Euro-Schülerticket mit 20 Millionen im Jahr und plant darüber hinaus ab 2020 ein Seniorenticket.

Wissing sagte, man müsse schauen, ob 60 Millionen für ein solches Ticket hierzulande gut eingesetzt wären. "Wenn wir von den rund 500 Millionen Euro pro Jahr für den ÖPNV einfach mal 60 Millionen für das 365-Tage-Ticket nehmen, ist der ÖPNV noch kein bisschen besser geworden." Es gehe eben auch darum, Lücken im Angebot zu schließen. "Und ich kann jeden Euro nur einmal ausgeben."

Auch dem Gedankenspiel des Städtetages Rheinland-Pfalz eines in einigen Jahren kostenlosen ÖPNV erteilte der Minister eine Absage. "Nicht alles, was kostenlos ist, führt zu einem Run." Erfahrungen seit den 1970er Jahren hätten gezeigt, dass Menschen nur wegen günstigerer Ticketpreise nicht vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umstiegen, sondern eher die, die sonst zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs seien. "Die einfache Rechnung: "Mach' ein 365-Euro-Ticket und niemand fährt mehr mit dem Auto", die ist empirisch widerlegt", sagte Wissing.

Michael Mätzig, einer der beiden Geschäftsführenden Direktoren des Städtetags Rheinland-Pfalz, hatte Mitte August der Deutschen Presse-Agentur gesagt: "Mutig wäre, wenn der Minister sagen würde: Rheinland-Pfalz wird deutschlandweit Vorreiter beim nachhaltigen, umweltschonenden, klimafreundlichen Nahverkehr und der ÖPNV wird bis 2030 kostenlos." Mätzig hatte eingeräumt, dass ein kostenloser ÖPNV derzeit nicht realisierbar sei. Aber: "Wir steigen ein mit dem 365-Euro-Ticket", schlug er vor. "Danach muss der ÖPNV bedarfsgerecht ausgebaut werden und geschaut werden, ob das auch angenommen wird."

Wissing kündigte an, noch in diesem Jahr das Nahverkehrsgesetz vorlegen zu wollen. Dabei gehe es vor allem darum, regulatorische Hürden für den ÖPNV-Ausbau beseitigen zu wollen. Eine solche Hürde sei, dass der ÖPNV zu den freiwilligen Aufgaben der Kommunen zähle. "Das bedeutet, dass die Verausgabung der Mittel immer erst erfolgen kann, wenn der Haushalt genehmigt ist", erklärte Wissing. "Das führt zu Verzögerungen." Das sei ein Thema, an das herangegangen werde. "Es kann aber auch nicht sein, dass es zu einer uneingeschränkten Pflichtaufgabe wird, die Kommunen dann alles bestellen und das Land zahlt", sagte Wissing.

Zuletzt hatte etwa der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) gefordert, den ÖPNV zu einer kommunalen Pflichtaufgabe zu machen. Im April hatte er sich mit seinen Amtskollegen aus Trier, Ludwigshafen, Koblenz und Kaiserslautern in einer Erklärung an Wissing gewandt und sich für eine massive ÖPNV-Stärkung ausgesprochen.

Der Minister sagte, auf das Nahverkehrsgesetz müsse ein von Land und Kommunen erarbeiteter Nahverkehrsplan folgen, der Ausbauziele definiere. Wenn der auf den Weg gebracht sei, sei "die Stunde der Frage, wie wir ihn ausfinanzieren". Derzeit sei es noch zu früh, über Beträge zu reden. "Ich muss am Ende schauen, dass ich mit dem Geld, das ich zur Verfügung habe, einen maximalen Beitrag leiste."

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