Mainz:Mainz will fußgängerfreundlicher werden

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Mit einer Bestandsaufnahme zum Fußgängerverkehr hat in Mainz ein Projekt begonnen, das bessere Bedingungen für die natürlichste Fortbewegungsart anstrebt. "Wir...

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Mainz (dpa/lrs) - Mit einer Bestandsaufnahme zum Fußgängerverkehr hat in Mainz ein Projekt begonnen, das bessere Bedingungen für die natürlichste Fortbewegungsart anstrebt. „Wir sind sehr erfreut, dass auch eine Landeshauptstadt als Modellstadt des bundesweiten Projekts ausgewählt wurde“, sagte Roland Stimpel vom Vorstand des Fachverbands Fußverkehr Deutschland (Fuß e.V.). Als Ziel nannte die Stadt Mainz die Entwicklung einer stadtweiten Fußverkehrsstrategie, wozu das Modellprojekt erste Bausteine entwickeln soll.

Seit gut 100 Jahren sind die Bedingungen für Fußgänger immer mehr eingeschränkt worden, sagte Stimpel und nannte die Reservierung von Straßenfahrbahnen für Auto sowie die Verkleinerung der verbliebenen Flächen durch die Abtrennung von Fahrradwegen, parkende Autos, Werbetafeln und Verkehrsschilder. „Als nächstes drohen Ladesäulen für Elektroautos.“

Ampelschaltungen seien nach dem Prinzip gestaltet: „Hauptsache viel Kfz-Verkehr über die Kreuzung“. Die Grünphase für Fußgänger setze vielerorts eine Geschwindigkeit von 4,8 Stundenkilometern voraus, so dass Fußgänger oft keine Chance hätten, vor der nächsten Rot-Schaltung das andere Ende einer Straße zu erreichen.

Als großen Erfolg wertete Stimpel, dass die Nutzung von E-Scootern auf Gehwegen verhindert worden sei. Gleichwohl schränke die große Zahl von Leih-Elektrorollern die Mobilität anderer Menschen zusätzlich ein. „Nun werden die Städte immer enger.“

Der Verband Fuß e.V. fühlt sich aber von jüngsten Signalen ermutigt: „Jetzt dreht sich das Bewusstsein um.“ Ein Projekt wie das der Modellstädte für fußgängerfreundliche Kommunen, gefördert vom Umweltbundesamt und dem Bundesumweltministerium, wäre vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen, sagte Stimpel. Insgesamt steige das Bewusstsein dafür, dass jeder vierte Weg in Deutschland zu Fuß zurückgelegt werde. Auch nehme der Anteil alter Menschen zu, die meist auf das Zufußgehen angewiesen seien.

Erfreut zeigt sich der Verband von einem Beschluss der Verkehrsministerkonferenz in der vergangenen Woche, wonach „den Belangen des Fußgängerverkehrs - vor allem besonders schutzbedürftiger Nutzergruppen wie Kindern, mobilitätseingeschränkten, sehbehinderten und älteren Menschen - zukünftig bei der Verkehrsplanung ein höherer Stellenwert eingeräumt werden soll“. Die Verkehrsminister baten die Bundesregierung, eine Fußverkehrsstrategie zu entwickeln. Die Kommunen mahnten sie: „Gehwege sind Schutzräume für Fußgängerinnen und Fußgänger und daher von anderen Nutzungen freizuhalten.“

Die Fußgänger-Lobbyisten fordern, die Stadt- und Verkehrsplanung nicht mehr an den schnellsten Verkehrsteilnehmern auszurichten: „Wenn wir den Verkehr von langsam zu schnell und vom Rand zur Mitte planen, werden wir weniger Konflikte und weniger Gefahren haben“, sagte Stimpel. „Wir müssen das Tempo rausnehmen und statt dessen mehr Effizienz und Flexibilität reinbringen.“ Der Fußverkehr sei das einzige Fortbewegungssystem, das ganz ohne Regeln auskomme: „Mit Intuition und sozialem Verständnis ist das einer der letzten sich selbst organisierenden Freiräume.“

Mainz wurde in einer zweiten Phase des 2016 gestarteten Modellprojekts ausgewählt, zusammen mit den fünf weiteren Städten Coesfeld, Erlangen, Göttingen, Halle und Neustrelitz. Bei einem öffentlichen „Fußverkehrs-Check“ prüften die Teilnehmer eine ausgesuchte Strecke mit Blick auf Barrierefreiheit und Sicherheit beim Queren von Fahrbahnen sowie auf die „Aufenthaltsqualität im Straßenraum und auf Plätzen“. Teilnehmende Bürger waren aufgerufen, als „lokale Experten“ ihre Sichtweisen und Alltagserfahrungen mit einzubringen. Zumindest zur Qualität des Aufenthalts lobte Verbandssprecher Stimpel Mainz als „eine Stadt, in der es viel Schönes gibt und Gehen an vielen Orten auch Spaß macht“.

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