Verkehr - Frankfurt am Main:ADFC-Geschäftsführer will mehr Druck auf Politik machen

Verkehr - Frankfurt am Main: Sofrony Riedmann, neuer Geschäftsführer des ADFC Hessen, nimmt in seinem Büro an einem Interview teil. Foto: Arne Dedert/dpa/Archivbild
Sofrony Riedmann, neuer Geschäftsführer des ADFC Hessen, nimmt in seinem Büro an einem Interview teil. Foto: Arne Dedert/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Beim Kampf für eine Verkehrswende will der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) stärker auch ungewöhnliche Bündnisse schmieden, um den Druck auf die Politik zu erhöhen. Ein Partner für gemeinsame Kampagnen sei beispielsweise der Sozialverband VdK, sagte der neue Geschäftsführer des ADFC Hessen, Sofrony Riedmann, der Deutschen Presse-Agentur. "Die Verkehrswende ist ein ökologisches, aber auch eine soziales Thema", sagte Riedmann. Das sehr autozentrierte Verkehrssystem in Deutschland schließe viele Menschen aus, etwa wenn sie aufgrund von Einschränkungen nicht oder nicht mehr Auto fahren könnten - oder sich keines leisten könnten.

Der VdK sei auch beim geplanten Volksbegehren Verkehrswende dabei, zu dem die gesammelten Unterschriften Ende August Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) übergeben werden sollen. Ziel der beteiligten Initiativen und Verbände ist ein Gesetz, mit dem die Mobilität in Hessen bis 2030 klimaneutral und sozial gerecht gestaltet werden soll. Dazu sollen Radwege, Fußwege und vor allem Bus und Bahn stark ausgebaut werden. "Hier wollen wir einen politischen Erfolg erreichen", sagte Riedmann. Aus der Bevölkerung gebe es eine sehr positive Resonanz.

Dem Zustand der Radwege in Hessen gab der 36-Jährige die Schulnote 4 minus, ausreichend bis mangelhaft. Es gebe den Willen zur Verbesserung und Hessen sei weiter als andere Bundesländer, doch es müsse noch viel passieren. "Fahrradfahren soll für ganz viele Menschen aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen attraktiv werden", sagte Riedmann. Davon würde die gesamte Gesellschaft profitieren, sowohl auf dem Land als auch in der Stadt. Nötig sei ein flächendeckendes, gutes Radwegenetz.

Dazu müssten die Investitionen in den Radverkehr deutlich erhöht werden: statt wie derzeit rechnerisch 10 bis 15 Euro pro Einwohnerin und Einwohner in Hessen wären 30 Euro nötig, also mindestens eine Verdoppelung. Im Vergleich zum Autobahnbau seien dies keine Unsummen. Zudem fehlten in vielen Kommunen und auf Landesebene Verkehrsplaner, um Bauvorhaben für den Fahrradverkehr umzusetzen.

Auch immer mehr Landkreise erstellten nun Radverkehrskonzepte, wie beispielsweise der Odenwaldkreis und der Kreis Waldeck-Frankenberg. Damit dies alles in die Umsetzung gehen könne, brauche es das Plus an Fördermitteln und Planern, sagte der Geograf: "Die Nachfrage wird absehbar deutlich ansteigen."

Der Fahrrad-Boom der vergangenen Jahre werde sich fortsetzen, auch dank weiterer Entwicklungen der Fahrradindustrie. Es handele sich dabei keinesfalls nur um eine Großstadt-Erscheinung: "Pedelecs zum Beispiel werden ganz stark im ländlichen Raum gekauft und gefahren. Auch dort gibt es großes Interesse daran, mehr mit dem Fahrrad unterwegs zu sein", sagte Riedmann.

Nach einem starken Anstieg in den vergangenen Jahren hat der ADFC Hessen derzeit fast 20.000 Mitglieder. Verstärkt geworben werden soll laut Riedmann um junge Mitglieder und Frauen, die bisher im aktiven Engagement unterrepräsentiert seien. Um dies zu ändern, sei beispielsweise ein Frauennetzwerk innerhalb des Verbands ins Leben gerufen worden. Riedmann führt den ADFC Hessen seit 1. Juli 2022 als Geschäftsführer. Sein Vorgänger Norbert Sanden geht Mitte August in den Ruhestand.

© dpa-infocom, dpa:220730-99-210836/2

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