Berlin:Debatte um City-Maut nach Londoner Vorbild für Berlin

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Berlin (dpa/bb) - Angesichts von Lärm, Luftverschmutzung und endlosen Staus debattiert Berlin über eine City-Maut nach Londoner Vorbild. Anlass ist ein Vorstoß von Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos/für die Grünen): "Über kurz oder lang" werde man in der Hauptstadt über eine solche Abgabe diskutieren müssen, sagte sie der "Berliner Zeitung". "Es wird bei der knappen Ressource Fläche in der Stadt deutlich teurer werden müssen, mit Autos den öffentlichen Raum zu nutzen."

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Berlin (dpa/bb) - Angesichts von Lärm, Luftverschmutzung und endlosen Staus debattiert Berlin über eine City-Maut nach Londoner Vorbild. Anlass ist ein Vorstoß von Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos/für die Grünen): „Über kurz oder lang“ werde man in der Hauptstadt über eine solche Abgabe diskutieren müssen, sagte sie der „Berliner Zeitung“. „Es wird bei der knappen Ressource Fläche in der Stadt deutlich teurer werden müssen, mit Autos den öffentlichen Raum zu nutzen.“

Heftigen Widerspruch erntete Günther bei der Opposition im Landesparlament, die schon länger gegen die von Rot-Rot-Grün propagierte Verkehrswende hin zu mehr öffentlichem Nahverkehr und zu mehr Radverkehr protestiert. Die CDU sprach von einer „Murks“-Idee. Auch der Koalitionspartner Linke zeigte sich skeptisch. Unterstützung kam von der SPD und vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).

Bei einer City-Maut zahlen Autofahrer dafür, wenn sie in bestimmte Stadtgebiete einfahren. Eine solche Gebühr wird zum Beispiel in London, Oslo, Stockholm und Mailand erhoben. In der britischen Hauptstadt gilt die „London Congestion Charge“ tagsüber an Werktagen und kostet rund 13 Euro am Tag. Vor kurzem kündigten die Behörden in New York eine Maut für einen Teil Manhattans an.

In Deutschland gibt es eine Gebühr für die Einfahrt in Innenstädte bisher nicht. Im Gespräch war sie zuletzt in einer von der Bundesregierung eingesetzten Verkehrskommission. In einem Bericht des Gremiums vom März wird eine „Infrastrukturabgabe“ als möglicher Baustein zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes genannt - wobei nicht jedes Kommissionsmitglied diese Einschätzung teilte. Entscheiden müssten gegebenenfalls die Kommunen, hieß es.

In der Berliner Innenstadt sei der vorhandene Raum am knappsten, so Günther. „Die Erwartung, dass ich dort mit einem privaten Auto überall kostenlos oder billig parken kann, entspricht nicht mehr den bestehenden Verhältnissen.“ Die Senatorin verwies darauf, dass als nächsten Schritt das Parken mehr kosten werde. „Wir fangen jetzt damit an, die Parkraumbewirtschaftung auszudehnen und Parkgebühren zu erhöhen.“ Konkrete Pläne für eine City-Maut gibt es indes noch nicht.

Aus Sicht des Umweltverbands BUND kann eine solche Abgabe im Hinblick auf Lärm, Schadstoffemissionen und Klimaschutz gleich in mehrfacher Hinsicht hilfreich sein. Wichtig seien aber differenzierte Kriterien, die etwa den Handel nicht benachteiligten, sagte der Fachreferent für Mobilität beim BUND Berlin, Martin Schlegel. Um Verlagerungseffekte zu vermeiden, sei eine Maut für die gesamte Stadt sinnvoll, nicht nur für die Innenstadt.

CDU-Verkehrspolitiker Oliver Frederici warf dem Senat hingegen einen „blindwütigen Kulturkampf gegen das Auto“ vor. Gleichzeitig komme der Ausbau des öffentlicher Personennahverkehrs (ÖPNV) nicht voran. Der AfD-Politiker Frank Scholtysek wähnt Günther auf „Autohass-Mission im Auftrag der neuen Klimareligion“. FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja sieht einen „Akt der Verzweiflung“. „Trotz blumiger Versprechen hat die Verkehrspolitik der Linkskoalition niemanden zum Umstieg auf Fahrrad und ÖPNV überzeugt.“

Für den SPD-Verkehrsexperten Tino Schopf kann eine City-Maut eine Stellschraube für nachhaltige Mobilität sein. Sie sei zugleich eine bessere Alternative zu Fahrverboten. Eingebettet sein müsse sie aber in ein Gesamtkonzept, zu dem nicht zuletzt der Ausbau eines attraktiven ÖPNV gehöre.

Die Linke hat Bedenken: Eine City-Maut berge die Gefahr, dass sich der Einzelhandel, aber auch die Verkehrsprobleme lediglich außerhalb des Mautbereichs verlagern, sagte ihr Verkehrsfachmann Harald Wolf. „Es kann auch nicht darum gehen, dass in der Innenstadt die Autos der Besserverdienenden freie Fahrt bekommen.“ Um den Autoverkehr zu reduzieren, hätten für die Linke mehr Parkraumbewirtschaftung, eine Reduzierung der Verkehrsfläche für Pkws sowie der Ausbau von Busspuren, Straßenbahnnetz und Radinfrastruktur Priorität.

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