Verkauf des US-Geschäfts:Vodafones 130-Milliarden-Dollar-Problem

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Vodafone verabschiedet sich aus dem US-Geschäft - für 130 Milliarden Dollar. (Foto: Bloomberg)

Der Mobilfunkkonzern Vodafone gibt seinen 45-Prozent-Anteil am US-Konzern Verizon Wireless ab. Das bringt den Briten zwar die riesige Summe von 130 Milliarden Dollar, aber bereitet den Konzernstrategen auch einige Sorgen. Die wichtigste Frage: Was macht das Unternehmen mit dem vielen Geld?

Von Varinia Bernau

Es ist einer der größten Deals in der Wirtschaftsgeschichte: Vodafone verkauft seinen 45-Prozent-Anteil an dem amerikanischen Mobilfunkanbieter Verizon Wireless für etwa 130 Milliarden Dollar (umgerechnet 98,5 Milliarden Euro) an den bisherigen Partner Verizon. Die Übernahme wurde am Montagabend in New York bestätigt. Über die Transaktion war an den Finanzmärkten bereits seit Tagen spekuliert worden.

Mit dem Verkauf seines US-Geschäfts trennt sich Vodafone von einem seiner wertvollsten Schätze. Aber auch von einem, den der britische Konzern als Juniorpartner nie so richtig unter Kontrolle hatte. So musste Vodafone seinen Partner beispielsweise erst jahrelang beknien, bevor eine Dividende für das sehr profitable Mobilfunkgeschäft ausgeschüttet wurde.

Ganz ähnlich hatten es die Engländer übrigens schon vor zwei Jahren mit SFR, dem zweitgrößten Mobilfunkanbieter in Frankreich, gehandhabt, an dem sie ihren Anteil von 44 Prozent im Juni 2011 abstießen. Auch in Italien sowie in dem aufstrebenden Schwellenland Indien setzt Vodafone zwar auf Partner. In den dortigen Gemeinschaftsunternehmen hält der Konzern aber immerhin die Mehrheit - und kann so auch die Richtung vorgeben.

Für seinen Anteil an Verizon Wireless soll Vodafone das Geld nun je zur Hälfte in Aktien und bar erhalten, wie Bloomberg unter Berufung auf mit den Verhandlungen vertraute Personen berichtete. Es stellt sich also die Frage: Was macht Vodafone mit dem Geld?

Die Gelegenheit für weitere Übernahmen ist günstig

Darüber sind sich die wichtigen Investoren bislang alles andere als einig. Zunächst wird wohl einiges in den Abbau von Schulden fließen. Doch einen solch üppigen Betrag einfach auf dem Konto liegen zu lassen, das wird Vodafone sich nicht leisten können. Die Gelegenheit für weitere Übernahmen ist günstig. Nur muss der Konzern sich sorgsam umsehen: Denn mit dem Ausstieg aus dem Gemeinschaftsunternehmen Verizon Wireless verabschiedet sich Vodafone von einem Geschäft, das im vergangenen Jahr etwa die Hälfte zum Konzerngewinn von umgerechnet etwa 14 Milliarden Euro beigetragen hat.

In Europa steht Vodafone in einem harten Wettbewerb. Im Mobilfunk buhlt die Konkurrenz mit immer neuen Niedrigpreisen um Kundschaft - und so bleibt immer weniger in den Kassen des britischen Großkonzerns. Seit einigen Monaten müht sich Vodafone deshalb, auch stärker im Festnetzgeschäft Fuß zu fassen. Doch viele Rivalen sind da schon weiter: Sie bieten ein Paket mit Telefon, Internet, Mobilfunk und Fernsehen aus einer Hand. "Der Trend geht zur Rundumversorgung", sagt Branchenexperte Roman Friedrich von Booz & Company.

Vodafone sucht also den Anschluss: In Großbritannien kaufte der Mobilfunkkonzern für umgerechnet 1,2 Milliarden Euro den Glasfasernetzbetreiber Cable & Wireless. In Spanien baut er derzeit zusammen mit Orange für eine Milliarde Euro ein Glasfasernetz. Auch in Italien oder den Niederlanden gibt es noch kleine Kabelbetreiber, die nun auf die Einkaufsliste rücken könnten.

Und in Deutschland, dem wichtigsten Markt, der fast ein Fünftel zum Konzernumsatz beiträgt, hat Vodafone ein Übernahmeangebot für den Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland vorgelegt. Sollte die Übernahme gelingen, müsste das Unternehmen knapp elf Milliarden Euro auf den Tisch legen. Es könnte aber auch noch mehr werden, denn mitten im Übernahmeringen von Vodafone um Kabel Deutschland schwingt sich nun der Investor Paul Singer zu einem der größten Aktionäre bei Kabel Deutschland auf. Singer habe den Anteil seines Fonds Elliott Asset Management am 23. August auf 5,1 Prozent aufgestockt, teilte Kabel Deutschland am Montag mit. Es gehört zu den Strategien von Elliott Asset Management, sich in laufende Übernahmen einzumischen und auf ein höheres Angebot zu spekulieren - oder darauf zu drängen.

Kein Widerstand der Wettbewerbshüter zu erwarten

Bei den Wettbewerbshütern wird Vodafone wohl nicht auf all zu großen Widerstand stoßen, wenn es darum geht, sich weitere Kabelbetreiber zu sichern. "Auch wenn im Alltag für viele Menschen Mobilfunk- und Festnetz zusammenwachsen und sich der Kunde etwa mit seinem Smartphone auch ins heimische Wlan hängt - für Kartellbehörden sind dies noch immer zwei getrennte Märkte", betont Friedrich.

Gut möglich, dass sich Vodafone noch stärker in Indien und in Ländern im Süden Afrikas ausdehnt. Auf dem Kontinent hat der Konzern aus Großbritannien ohnehin gute Chancen ausgemacht. Denn dort leben nicht nur mehr Menschen, dort haben bislang auch nur wenige ein Handy. In Indien, so heißt es in einem Vodafone-Strategiepapier, hätten im vergangenen Jahr 140 Millionen Menschen einen neuen Mobilfunkvertrag abgeschlossen - zwei mal so viele wie das Vereinigte Königreich überhaupt an Einwohnern zählt. Der Haken dabei: Im Schnitt lassen sich diese ihren Mobilfunkvertrag auch weniger kosten als die Europäer.

Um das Geld für langfristige Investitionen nutzen zu können, wird Vodafone-Konzernchef Vittorio Colao Begehrlichkeiten der eigenen Anleger abwähren müssen: Dass Vodafone an der Börse mehr als 100 Milliarden Euro wert ist, liegt vor allem am lukrativen Geschäft in den Vereinigten Staaten. Fällt dies weg, so ist auch die Aktie weniger wert. Ein Großinvestor betonte bereits: "Wir wollen so viel Geld wie möglich zurückhaben."

© SZ vom 03.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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