US-Konjunkturpaket:Amerika, du sollst es wieder gut haben

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US-Präsident Obama bangt um seine Wiederwahl - und pumpt daher fast eine halbe Billion Dollar in die Wirtschaft. Das Ziel: Die hohe Arbeitslosigkeit soll sinken, die Normalverdiener sollen mehr Geld zur Verfügung haben. Doch wie funktioniert das? Ein Überblick in Fragen und Antworten.

Was will Präsident Obama erreichen?

US-Präsident Obama hat ein gewaltiges Konjunkturpaket geschnürt. Doch die Republikaner dürften erbitterten Widerstand leisten (Foto: AP)

Die Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten liegt bei mehr als neun Prozent. Zuletzt lag sie in den achtziger Jahren auf einem derart hohen Niveau. Hinzu kommt, dass sie bereits länger dort verharrt. Das ist ungewöhnlich - zumindest in Amerika -, da die Vereinigten Staaten Krisen gewöhnlich durch eine forciert geförderte Belebung am Arbeitsmarkt zu überwinden versuchen. Für US-Präsident Barack Obama ist die hohe Arbeitslosigkeit eine Katastrophe: Sie verringert seine Chancen, im kommenden Jahr wiedergewählt zu werden. Wenn es ihm nicht gelingt, die persönliche Situation vieler Amerikaner in Kürze spürbar zu verbessern, wird er als wirtschaftspolitischer Versager abgestempelt. Um das zu verhindern, pumpt Obama im Rahmen des "American Job Act" nun 447 Milliarden Dollar in die Wirtschaft.

Wer profitiert von diesem Geld?

Besonderes Augenmerk legt Obama auf kleinere Unternehmen: Sie sollen beispielsweise über Steuererleichterungen ermuntert werden, neue Arbeiter einzustellen. Geld fließt aber auch für öffentliche Arbeitgeber und Projekte: Obama will Amerika "modernisieren". Daneben werden Arbeiter und Familien unterstützt.

Was tut Obama konkret?

[] Firmen Kleinere Firmen sollen weniger Steuer auf die Löhne zahlen müssen, die in den Vereinigten Staaten zum Teil auch von den Unternehmen getragen werden. Begünstigt sind die ersten fünf Millionen Dollar der gezahlten Löhne. Für neu eingestellte Arbeitnehmer oder auf Lohnerhöhungen soll die Steuer gleich ganz ausgesetzt werden, sofern sie in der Summe nicht mehr als 50 Millionen Dollar ausmachen. Für diese Erleichterungen werden rund 70 Milliarden Dollar aus dem Paket aufgewendet.

Werden überdies "zurückkehrende Helden" - also Kriegsveteranen ohne Arbeit - eingestellt, erhalten Arbeitgeber zur Belohnung Steuergutschriften von bis zu 9600 Dollar, für die Einstellung Langzeitarbeitsloser gibt es 4000 Dollar. Daneben sollen Beschäftigungsformen wie Teilzeitarbeit gefördert werden.

[] Öffentliche Einrichtungen und Infrastruktur

140 der 447 Milliarden Dollar sollen in öffentliche Konjunkturprogramme fließen. Mindestens 35.000 öffentliche Schulen sollen runderneuert werden, dazu gehören auch etwa neue Labore und internetfähige Klassenräume. Zugleich will die Regierung die Entlassung von bis zu 280.000 Lehrern und von Rettungskräften vermeiden.

Überdies soll das Verkehrsnetz aufgehübscht werden: Dazu will Obama Flugplätze und Bahnhöfe, Schienen und Straßen berücksichtigen. 4300 Straßenkilometer müssten repariert werden, rief er den Amerikanern zu. "Ein Verkehrswesen von Weltklasse zu bauen ist Teil dessen, was uns zu einer wirtschaftlichen Supermacht werden ließ. Und jetzt sitzen wir hier und schauen zu, wie China neuere Flughäfen und schnellere Züge baut?"

[] Private Haushalte

Für 160 Millionen Beschäftigte wird sich die Einkommenssteuer auch im nächsten Jahr halbieren - die bereits bestehende Regelung wird 2012 verlängert. Für die "typische Familie" in Amerika soll dies 1500 Dollar bringen. Den Staat kostet das 175 Milliarden Dollar - es ist die teuerste Maßnahme des Wachstumspakets.

Außerdem sollen mehr Amerikaner die Möglichkeit erhalten, ihre Hypotheken auf dem aktuellen Niveau von rund vier Prozent zu refinanzieren. Dies könnte Familien eine Ersparnis von mehr als 2000 Dollar jährlich bringen. Fast 50 Milliarden Dollar aus dem Konjunkturpaket fließen nach den Plänen des Weißen Hauses in Sozialhilfeleistungen für fast sechs Millionen Menschen, deren Arbeitslosenversicherung ausläuft. "Ich werde nicht zulassen, dass die Sicherheiten abgeschafft werden, auf die Amerikaner seit Jahrzehnten vertrauen konnten", sagte Obama.

Warum reagieren die Finanzmärkte so zurückhaltend?

Ein Konjunkturstimulus im Volumen von 447 Milliarden Dollar übertrifft zwar die Schätzungen der Banken, gleichwohl erwarten Marktteilnehmer, dass die jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen auf erbitterten Widerstand der Republikaner im Kongress stoßen werden - obschon Obama sie als "fair shake" für die Amerikaner darstellte - und eisern das politisch gefährliche Wort "Stimulus-Paket" vermied. Zudem fehlte in dem Paket das, was Börsianer so lieben - eine positive Überraschung. So gilt an diesem Freitag an der Börse lediglich "Business as usual". In diesen Tagen heißt das: Die Kurse fallen. Aktuell um rund ein Prozent.

Wie wird das Paket finanziert?

Obama gibt sich zuversichtlich: Die Finanzierung des "American Job Act" sei durch Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen sichergestellt und werde nicht zu weiteren Schulden führen. Kürzungen sind in den Gesundheitsprogrammen Medicare und Medicaid geplant. Außerdem will Obama die Steuern für Besserverdienende erhöhen.

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