Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko:Es wird einsam um BP und Co.

Lesezeit: 3 min

Die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko bringt die großen Ölkonzerne immer mehr unter Druck: Die Bank of America bekommt kalte Füße und im US-Kongress watschten Abgeordnete Spitzenmanager von BP, Exxon, Chevron, Conoco und Shell ab.

Zwei Monate nach der Explosion der Bohrinsel Deepwater Horizon bekommt British Petroleum (BP) offenbar nun auch Ärger mit seinen Abnehmern: Die Bank of America Merrill Lynch hat dem Vernehmen nach ihre Händler angewiesen, keine Ölverträge mit BP mehr abzuschließen, deren Laufzeit über Juni 2011 hinausgeht.

Im November 2008 hatten die Vorstandschefs der drei großen US-Autokonzerne im US-Kongress um Geld gebettelt, nun mussten die Bosse der fünf wichtigsten US-Ölkonzerne ihre Unfallvermeidungsstrategien präsentieren.  Rex Tillerson (ExxonMobil), John Watson (Chevron), James Mulva (ConocoPhillips), Marvin Odum (Shell Oil) und Lamar McKay (BP America) (von links nach rechts) gelang dies mehr schlecht als recht. (Foto: afp)

Die Anweisung sei am Montag von einem ranghohen Manager ausgegeben worden, verlautete am Dienstag aus Marktkreisen, die mit der Anweisung vertraut sind. Ein Grund dafür sei nicht genannt worden. Die zeitliche Begrenzung von Handelsverträgen ist eine Möglichkeit für die Bank, sich vor dem Risiko zu schützen, dass ein Geschäftspartner seinen langfristigen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könnte.

Die Bank of America gilt als kleinerer Broker für Termingeschäfte mit Rohöl. Die Direktive umfasse alle Geschäfte für physische Anlieferung, Derivate und Swapgeschäfte auf Öl, sagte ein ungenannter Kenner des Erlasses. Ein Sprecher der Bank of America lehnte eine Erklärung dazu ab.

Massive Vorwürfe im US-Kongress

Bei BP hieß es, das Unternehmen äußere sich nicht zu Marktgerüchten. Auf den Ölkonzern kommen riesige Schadenersatzforderungen und Strafzahlungen wegen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zu.

Seit dem Untergang der am 20. April explodierten Bohrplattform sprudeln aus dem defekten Bohrloch große Mengen Öl unkontrolliert ins Meer. Experten schätzen, dass es täglich bis zu 6,4 Millionen Liter sein könnten.

Unterdessen mussten sich nicht nur BP, sondern auch die vier anderen führenden Ölkonzerne im US-Kongress massive Vorwürfe anhören. Keine der fünf vorgeladenen Firmen verfüge über angemessene Pläne zur Bewältigung eines Vorfalls, wie er sich nach der Explosion der BP-Plattform ereignete, sagte der Abgeordnete Henry Waxman.

Geschäfte mit der Ölkatastrophe
:Schmutziges Geld

Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko wird als eine der schlimmsten in die Geschichte eingehen. Aber irgendjemand verdient dann doch wieder daran. In Bildern.

Steffen Heinzelmann

Die Unternehmen wiesen lediglich "Maßnahmen von der Stange" vor, von denen sich einige bereits als nutzlos erwiesen hätten, warf der Demokrat den Spitzenmanagern von BP, Exxon, Chevron, ConocoPhillips und Royal Dutch Shell vor.

Medienstrategie wichtiger als Plan zum Schutz der Umwelt

Die Notfallpläne aller Konzerne seien "praktisch wertlos, wenn sich tatsächlich eine Ölpest ereignet", kritisierte auch der Abgeordnete Bart Stupak. Er hob insbesondere Exxon Mobil hervor. Der Konzern verfüge über eine 40-seitige Medienstrategie, die fünf Mal länger sei als sein Plan zum Schutz der Umwelt.

Exxon Mobil mache sich offenbar mehr Sorgen um die öffentliche Wahrnehmung als um die Natur, sagte Stupak. Exxon-Chef Rex Tillerson sagte, dass es den Unternehmen vorwiegend darum gehe, Ölkatastrophen zu vermeiden. Wenn sie sich dann doch ereigneten, "sind wir nicht sehr gut aufgestellt, um damit umzugehen", räumte er ein.

Die vorgeladenen Manager hörten sich regungslos die Vorwürfe der Mitglieder des Unterausschusses im Repräsentantenhaus an, vor dem sie Rede und Antwort zu Fragen der Sicherheit der Ölförderung auf offener See stehen sollen.

Höhere Strafen im Gespräch

Die Anhörung könnte erheblich Einfluss darauf haben, wie künftig mit Offshore-Bohrungen verfahren wird. Im Gespräch sind höhere Strafen und verschärfte Sicherheitsvorkehrungen. Betroffen ist somit nicht nur BP, sondern die gesamte Branche.

Die Ratingagentur Moody's hatte am Montag erklärt, die schlimmste Ölpest in der US-Geschichte werde zu einer noch nie dagewesenen Krise bei Firmen führen, die im Golf von Mexiko tätig sind. Auch internationale Auswirkungen sind denkbar, da andere Länder geplante strengere US-Vorschriften womöglich übernehmen.

Bereits jetzt hat die amerikanische Regierung wegen der Katastrophe Tiefseebohrungen im Golf für sechs Monate untersagt. All das könnte zum Rückzug von Firmen aus dem ölreichen Gebiet führen.

Doch nicht nur die Ölkonzerne, auch Politiker geraten wegen des immer schlimmer werdenen Desasters zunehmend unter Druck - allen voran Präsident Barack Obama.

"Angriff auf unsere Küste"

Bei einem Besuch in Florida sicherte er den Betroffenen erneut die Unterstützung der Regierung zu. "Das ist ein Angriff auf unsere Küste. Wir werden uns mit allem wehren, was uns zur Verfügung steht. Und dazu zählt auch eine Mobilisierung der Ressourcen des größten Militärs der Welt", sagte Obama. In einer nächtlichen Fernsehansprache aus dem Oval Office versuchte Obama zudem seine Entschlossenheit im Kampf gegen die Ölpest zu demonstrieren.

Eine Mehrheit der Amerikaner ist laut Umfragen dennoch der Ansicht, dass er sich nicht ausreichend genug eingebracht hat, um der Katastrophe Herr zu werden. Sein Fernsehauftritt stieß ebenfalls auf Kritik: Nicht nur Republikaner bemängelten, der Präsident habe "keine Führung gezeigt". Auch linke und liberale Kolumnisten wetterten, der Präsident habe "eine große Chance vertan".

© sueddeutsche.de/Reuters/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Umweltkatastrophen
:Verdreckt, verseucht, getötet

Unzählige Male haben Unternehmen schlimme Umweltkatastrophen verursacht - oft mit verheerenden Langzeitschäden. Eine Übersicht in Bildern.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: