Überwachung im Internet:Werbefreiheit und Privatsphäre für 149 Euro

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Christian Bennefeld glaubt, dass es ein Recht auf Privatsphäre gibt - und dass die Regierung nichts tut, um dieses Recht durchzusetzen. (Foto: privat)

Die erste Firma von Christian Bennefeld heißt E-Tracker und sammelt Nutzerdaten. Jetzt will er mit E-Blocker Geld verdienen, indem er Daten schützt. Woher der Sinneswandel?

Von Angelika Slavik

Vielleicht kann man sagen, dass Christian Bennefeld ein Mann ist, den man nicht so schnell vergisst. Bennefeld, 46, ist Mathematiker und durchaus witzig, was eine bemerkenswerte Kombination ist. Er möchte "Benne" genannt werden und trägt das schüttere Resthaar in einem Pferdeschwanz, der fast bis zur Hüfte reicht. Das sieht man auch nicht mehr oft.

Vor allem aber ist Christian Bennefeld ein Mann mit großen Plänen: Er will der Menschheit Privatsphäre im Internet verschaffen, richtige Privatsphäre. Zumindest dem Teil der Menschheit, der bei seiner neuen Firma Kunde wird. Wenn man will, könnte man dieses Geschäftsmodell durchaus auch als Beleg für den Bennefeld'schen Sinn für Humor ansehen. Denn sein neues Unternehmen, es trägt den Namen E-Blocker, finanziert Bennefeld nicht zuletzt mit den Gewinnen, die er einst mit einer anderen von ihm gegründeten Firma erwirtschaftet hatte. Die alte Firma heißt E-Tracker: Es ist ein Unternehmen, das das Nutzerverhalten von Menschen im Internet auswertet. Das also genau das macht, was Datenschützer so heftig kritisieren. Ist das nicht ein bisschen verrückt?

"Was da im Internet passiert, ist schlicht nicht in Ordnung."

Bennefeld sagt: "Das, was da im Internet passiert, ist schlicht nicht in Ordnung." Und dass ihn das aufrege, "einfach auch als Bürger". Das, was da passiert, das funktioniert aus seiner Sicht so: Menschen surfen im Internet und hinterlassen dabei unzählige Datensätze. Über ihre Vorlieben, über ihre Kaufabsichten, manchmal auch über ihre finanzielle Lage und ihre gesundheitlichen Probleme.

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Aber nur ein Teil der Menschen, sagt Bennefeld, verfüge überhaupt über ausreichend Hintergrundwissen, um einschätzen zu können, welche Informationen sie da über sich preisgeben. Ein noch kleinerer Teil habe ausreichend technisches Verständnis, um die Menge der hinterlassenen Datensätze auch nur ein bisschen einzuschränken. Und nur ein Bruchteil sei in der Lage, Maßnahmen zu treffen, um einigermaßen die Kontrolle darüber zu behalten, welche Informationen preisgegeben werden und welche nicht. "Es gibt ein Recht auf Privatsphäre", sagt Bennefeld. "Aber dieses Recht durchzusetzen, ist heute den Bürgern überlassen, weil die Regierung einfach nichts tut."

Keine Werbung, kein Tracking, absolute Privatsphäre

Bei Bennefelds E-Blocker kostet das Recht 149 Euro. Dafür bekommt man eine kleine Box, die man direkt an seinen Router anschließt. Das Gerät soll dann dafür sorgen, dass Online-Werbung und Tracking, also das Nachverfolgen von Nutzerverhalten, abgeschaltet werden. Das funktioniert automatisch auf allen Endgeräten, die über dieses Netzwerk mit dem Internet verbunden sind. Auf Wunsch kann zudem noch die IP-Adresse anonymisiert werden. Das bringt etwa bei besonders heiklen oder persönlichen Suchanfragen - Krankheiten, Krediten, Pornografie - absolute Privatsphäre, verlangsamt aber auch die Geschwindigkeit der Internetverbindung.

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Wer einfach nur Tracking und Werbung umgehen will, könne sogar mit einer schnelleren Verbindung rechnen, weil die Werbung dann ja gar nicht geladen werden müsse, sagt Bennefeld. Der Anschaffungspreis inkludiert die Software-Updates für ein Jahr, danach soll eine monatliche Gebühr fällig werden, etwa zwischen fünf und zehn Euro. "Es hängt auch ein bisschen davon ab, wie stark die Resonanz ist", sagt Bennefeld. 100 000 verkaufte Geräte im ersten Jahr hält er für realistisch.

Zwei Jahre haben Bennefeld und knapp zehn Mitarbeiter an dem Produkt gearbeitet, am Montag werden die Patente eingereicht. Im Dezember soll das Gerät in den Handel kommen. Wer sich einen E-Blocker anschafft, bremst damit auch die Tracking-Software von Bennefelds alter Firma E-Tracker aus - an der er übrigens immer noch beteiligt ist. Wie nennt man das? Win-win-Situation vielleicht.

© SZ vom 19.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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