Treuen:Ost-Beauftragter Wanderwitz für Änderungen beim Vergaberecht

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Marco Wanderwitz (CDU), Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie. (Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild)

An einem Kleiderständer hängen Spezialkittel, in einer Auslage werden Masken präsentiert: Mit einer Mini-Leistungschau werben sächsische Unternehmen der Textil-...

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Treuen (dpa/sn) - An einem Kleiderständer hängen Spezialkittel, in einer Auslage werden Masken präsentiert: Mit einer Mini-Leistungschau werben sächsische Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie am Freitag im vogtländischen Treuen beim Bund und beim Freistaat dafür, künftig bei Schutzkleidung auf Mehrwegprodukte einheimischer Firmen statt auf Wegwerfartikel aus Asien zu setzen.

Viele Anwender im Gesundheitswesen bevorzugten aus Asien importierte Einweg-Schutztextilien, die in der Regel als Sondermüll aufwendig entsorgt werden müssten, kritisiert Jenz Otto, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie (vti). „Unsere Firmen erbringen den Beweis, dass derartige Spezialprodukte vielfach nutzbar sind und obendrein regional erzeugt werden können.“

Marco Wanderwitz, Ost-Beauftragter der Bundesregierung, kennt die beschriebenen Sorgen. Aus seiner Sicht liegt das Dilemma im Vergaberecht. Weil die Wegwerfartikel aus Fernost billig sind, werden sie gekauft. Derzeit sei ein tragender Gedanke des Vergaberechts die Wirtschaftlichkeit, sagt der sächsische CDU-Politiker. Deswegen bringt er als Konsequenz aus der Corona-Krise Änderungen beim Vergaberecht für die Beschaffung von Schutzkleidung ins Spiel.

Man müsse für Hersteller von Mehrwegprodukten bei der Wirtschaftlichkeit aber mindestens Chancengleichheit mit Einwegprodukten schaffen. „Das Thema Mehrweg ist ein fachlich-sachliches Kriterium“, betont Wanderwitz.

Axel Seidel hat die Mehrwegvorteile bereits ausgerechnet. Der Geschäftsführer der Friedrich Seidel GmbH hat gemeinsam mit drei anderen Textilunternehmen der Region einen Schutzkittel produziert, der medizinischen Anforderungen gerecht wird. Dieser koste 59 Euro und könne so preislich erst einmal nicht mit dem Einwegkittel, der nur rund fünf Euro koste, mithalten. Allerdings ist der Sachsen-Kittel bei 95 Grad Celsius waschbar - und das bis zu 100 Mal. Bereits nach etwa zehn Reinigungen würde sich der Mehrweg-Anwender in der Gewinnzone bewegen, argumentiert Seidel.

Überdies sei die Lieferkette ein ganz wichtiger Punkt. „Corona hat uns die Augen geöffnet, dass es nicht immer alles gibt. Wir haben ein rein sächsisches Produkt“, hebt Seidel hervor. Gleiches gilt für die wiederverwendbaren Mund-Nase-Masken der mittelständischen Spitzen- und Gardinenfabrikation GmbH, die im Verbund mit zwei regionalen Firmen entstehen.

Wanderwitz kündigt in Treuen an, das Thema Vergaberecht und Beschaffung auf die EU-Ebene bringen zu wollen. In der am 1. Juli beginnenden deutschen Ratspräsidentschaft müsse diskutiert werden, den Mitgliedsländern mehr Möglichkeiten zu lassen, dass die Beschaffung nicht europaweit ausgeschrieben werden muss, sagt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.

Darin sieht auch Thomas Rechentin, im sächsischen Innenministerium für die Beschaffung zuständig, ein Hemmnis. Es gebe europarechtliche und nationale Vergaberichtlinien. „Da ist auch die EU-Kommission gefragt, in Pandemiefällen andere Regularien zu schaffen“, fordert er. Rechentin befürwortet ebenfalls Mehrweg-Schutzkleidung. Für die strategischen Reserven, die für Krisensituationen anzulegen sind, müsse Lagerkapazität geschaffen werden. Weil Einwegprodukte in größerer Anzahl gelagert werden müssten als Mehrwegprodukte, sei das eine strategische Frage.

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