Telekommunikation:Strengere Regeln gegen Telefon-"Abzocke" und Abmahnungen

Berlin/Wiesbaden (dpa) - Vor unseriösen Geschäftspraktiken im Internet, am Telefon und bei überteuerten Abmahnungen sollen Verbraucher künftig besser geschützt sein. Das sieht ein Gesetzespaket vor, für das der Bundesrat den Weg am Freitag in seiner letzten Sitzung vor der Bundestagswahl endgültig frei machte.

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Berlin/Wiesbaden (dpa) - Vor unseriösen Geschäftspraktiken im Internet, am Telefon und bei überteuerten Abmahnungen sollen Verbraucher künftig besser geschützt sein. Das sieht ein Gesetzespaket vor, für das der Bundesrat den Weg am Freitag in seiner letzten Sitzung vor der Bundestagswahl endgültig frei machte.

Gewinnspiel-Verträge kommen künftig nicht mehr einfach am Telefon zustande, sondern nur noch schriftlich. Inkasso-Firmen müssen genau erläutern, für wen und warum sie Zahlungen eintreiben. Für Abmahnungen privater Nutzer wegen Urheberrechtsverstößen im Internet kommt eine Gebühren-Obergrenze. In Kraft treten sollen die Neuregelungen voraussichtlich noch im Herbst.

Viele Verbraucher können ihr Leid darüber klagen, dass sie am Telefon oder übers Internet dubiosen Geschäftspraktiken ausgesetzt waren, die sie viel Zeit und auch Geld gekostet haben. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sagte, das Paket sei "eine klare Kampfansage an unseriöse Anbieter und Betrüger". Verbraucherschützern gehen die Maßnahmen zum Teil nicht weit genug.

Für eine erste Abmahnung wegen illegalen Herunterladens von Bildern oder Musik aus dem Internet dürfen Anwälte künftig in der Regel maximal 147,56 Euro berechnen. Diese Grenze liegt wegen einer zwischenzeitlichen Änderung der Gebührenordnung etwas niedriger als die zunächst angepeilten 155,30 Euro. Bisher fordern Anwälte häufig mehrere hundert Euro. "Außerdem können Verbraucher künftig nicht mehr an einem beliebigen Gericht verklagt werden, sondern nur noch an ihrem Wohnsitz", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP).

Bei unerlaubten Werbeanrufen steigt das Bußgeld von 50 000 Euro auf bis zu 300 000 Euro. Die Regelungen gelten künftig auch, wenn automatische Anrufmaschinen eingesetzt werden. Gewinnspielverträge, von denen am Telefon die Rede ist, werden nur wirksam, wenn sie in Textform - also per Brief, Fax oder Mail - abgeschlossen werden.

Besser geschützt werden sollen Bürger vor undurchsichtigen Inkasso- Forderungen. "Die Höhe der Inkassoforderungen wird klar begrenzt auf den Betrag, den ein Rechtsanwalt in einem entsprechenden Fall fordern könnte", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Die Bußgeldhöchstsätze für Verstöße werden von 5000 auf 50 000 Euro angehoben. Die Branche soll strenger beaufsichtigt werden. Diese Regelungen sollen vom kommenden Jahr an gelten. Bayerns Verbraucherministerin Beate Merk (CSU) sprach von einem "großen Schritt", meldete aber Nachbesserungsbedarf an. Der Schutz vor Telefonabzocke dürfe sich nicht nur auf Gewinnspiele beschränken.

Die Neuregelungen bei der Telefonwerbung greifen nach Angaben des Justizministeriums auch, wenn ein Anbieter aus dem Ausland bei einem Anschluss in Deutschland anruft.

Das Bundeskriminalamt (BKA) warnte vor betrügerischen Anrufen aus Call-Centern. Seit 2010 seien bundesweit mehr als 37 000 Menschen Opfer falscher Gewinnversprechen am Telefon geworden, erklärte das BKA in Wiesbaden. Die Dunkelziffer schätzen die Beamten sogar auf mehr als 100 000, die Schadenssumme auf 23 Millionen Euro. Die Täter riefen überwiegend aus der Türkei, aber unter deutscher Nummer an und versprächen Gewinne oder Preise wie teure Autos. Die vermeintliche Gewinnauszahlung knüpften sie an Vorauszahlungen. Wenn Opfer Geld überweisen, riefen die Täter erneut als Rechtsanwälte oder Polizisten an, um sie zu weiteren Zahlungen zu nötigen. Häufig würden Senioren kontaktiert.

BKA-Präsident Jörg Ziercke rief dazu auf, sich im Zweifel sofort an die Polizei zu wenden und keine Daten am Telefon herauszugeben. Das BKA hat eine deutsch-türkische Arbeitsgruppe zur Aufklärung des Betruges eingerichtet.

Auch die Bundesnetzagentur wurde aktiv. Sie setzt das seit Juni geltende Verbot kostenpflichtiger Warteschleifen bei 0180er- und 0900er-Rufnummern jetzt durch. Die Aufsichtsbehörde verhängte am Freitag erstmals ein Rechnungslegungs- und Inkassoverbot gegen einen Telefonerotikdienst und gegen die Service-Rufnummer eines Textilunternehmens.

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