Neben Verspätungen und Gedränge sind auf Bahnfahrten ausgiebige und laute Handytelefonate anderer Passagiere das größte Übel. Nach ein paar Stationen kennt man Beziehungsprobleme, Einkaufsliste und Arbeitsprojekte von Mitreisenden in aller Ausführlichkeit. Ein Mann aus Chicago war von Telefonierenden in der Hochbahn der Stadt so genervt, dass er sich radikal zur Wehr setzte und deshalb bald vor Gericht stehen dürfte.
Der 63-Jährige soll in der Bahn einen Störsender eingesetzt haben. Diese Geräte funken auf derselben Frequenz wie Handysignale. Vereinfacht gesagt, schaffen sie ein Grundrauschen und verhindern so, dass die eigentlichen Signale durchkommen.
Der Mann war offenbar mehrfach mit seinem Störsender unterwegs. Bloggern war das schwarze Gerät mit den fünf Antennen aufgefallen, das er bei sich trug. Auch bei der Polizei waren Beschwerden von Bahnreisenden wegen des gestörten Handyempfangs eingegangen, berichtet die Chicagoer Zeitung Sun-Times. In Chicago fahren die Züge der Stadt zum größten Teil überirdisch, so dass Passagiere eigentlich immer problemlos telefonieren können. Die Polizei habe den Mann schließlich bei der Tat ertappt.
Der Einsatz eines Störsenders ist illegal. Die Geräte blockieren nicht nur unliebsame Gespräche von Sitznachbarn in der Bahn, sondern auch Notrufe. Der Mann wurde am Mittwoch in Chicago wegen Störung der öffentlichen Infrastruktur angeklagt. Er sei genervt von den Telefonaten der Mitreisenden gewesen, sagte die Staatsanwältin der Sun-Times. Der Anwalt des Mannes sagte, sein Mandant habe keine bösen Absichten gehabt. Er räumte allerdings ein, dass dessen Verhalten unsozial gewesen sei. Der Richter, dem der Verdächtige vorgeführt wurde, kommentierte: "Ah, die Handypolizei."
Wer Notrufe mit einem Störsender verhindert, macht sich strafbar
Der Einsatz von Störsendern ist auch in Deutschland verboten. Wer sie benutzt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Das kann mit einem Bußgeld von bis zu 500 000 Euro bestraft werden, sagt Michael Reifenberg von der Bundesnetzagentur. Auch im Internet darf man die Geräte nicht bestellen, denn ihre Einfuhr ist verboten, sagt Reifenberg. Wer mit einem Störsender Notrufe verhindert, kann sogar strafrechtlich belangt werden.
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Das Verbot gilt auch für öffentliche Orte: Eine Schule darf beispielsweise nicht während der Prüfungen alle Handys lahmlegen, damit kein Schüler mit den Geräten spicken kann. Die einzige Ausnahme sind Gefängnisse. "Für den Justizvollzug wurde das extra geregelt, da dürfen Störsender eingesetzt werden", sagt Reifenberg. Die Geräte sollen verhindern, dass Gefangene unerlaubt Handys benutzen.
Die Bundesnetzagentur ist für die Zuteilung der Funkfrequenzen zuständig, auch für jene, auf denen die Störsender (englisch: Jammer), funken. "Wer einen Jammer betreibt, nutzt verbotenerweise Frequenzen, für die er keine Nutzungserlaubnis hat", sagt Stephan Dreyer vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg.
Wer eine Störung bemerkt, kann sich über eine Hotline an die Bundesnetzagentur wenden. Stellt die Behörde fest, dass tatsächlich ein Störsender eingesetzt wurde, darf sie das Gerät einziehen und zerstören.
Bahnfahrern bleibt also nur übrig, nervende Nachbarn höflich zu bitten, leiser zu telefonieren. Und beim nächsten eigenen Gespräch vielleicht selbst auf die Lautstärke zu achten.