Stillgelegte Strecken:Bahn-Reaktivierung hilft der Verkehrswende auf dem Land

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Stillgelegte Gleise gibt es in vielen Regionen, zum Beispiel hier im Kreis Siegen-Wittgenstein, Nordrhein-Westfalen. (Foto: imago)

Das Ifo-Institut befürwortet, viele stillgelegte Bahnstrecken wieder in Betrieb zu nehmen. Hoffnung gibt es schon - zum Beispiel für die Strecke Barby-Güterglück.

Von Elisabeth Dostert

Die Freude in Barby soll einigermaßen groß gewesen sein, als die Deutsche Bahn vor ein paar Wochen ankündigte, auch die rund neun Kilometer lange Strecke nach Güterglück reaktivieren zu wollen. "Wir hätten dann die Möglichkeit, den Bahnhof wieder zu nutzen", sagte Barbys Bürgermeister Torsten Reinharz dem Sender MDR. Momentan seien die Bürger "hier in der ländlichen Gegend ein bisschen abgehängt." Barby liegt im Salzlandkreis, Güterglück im Kreis Anhalt-Bitterfeld. Seit 2004 fährt auf der Strecke kein Zug mehr.

Der Bahnhof Güterglück ist verwahrlost. Schon lange liegen auf Teilen der Strecke keine Schienen mehr, auch nicht auf der Brücke über die Elbe. Immer mal wieder gab es Gerüchte, dass das mehr als 150 Jahre alte Baudenkmal abgerissen werden soll. Wann auf der Strecke und über die Brücke wieder Züge rollen könnten, ist offen. Bislang handelt es sich bei der Strecke Barby-Güterglück um eine "Konzeptidee" der Bahn. Anderswo sind die Pläne konkreter, zum Beispiel auf der Strecke Ehrang-Igel in Rheinland-Pfalz. Die könnte laut Bahn voraussichtlich schon 2024 wieder in Betrieb gehen.

Seit 1955 seien fast 30 Prozent der Bahnstrecken in Deutschland stillgelegt worden - in Ost und West gleichermaßen, heißt es in einer Studie des Ifo-Instituts. Während im Westen Strecken vor allem zur Zeit von Wirtschaftswunder und Auto-Boom, also in den Fünfziger- und Sechzigerjahren stillgelegt worden seien, seien sie im Osten in der "ökonomisch schwierigen Phase" nach der Wiedervereinigung aufgegeben worden. 2019 war das öffentlich zugängliche Schienennetz noch knapp 38 400 Kilometer lang. Darin enthalten sind Strecken, die von der Deutschen Bahn, es sind die allermeisten, und privaten Anbietern bedient werden. Die jahrzehntelange Ausdünnung des Bahnnetzes erschwere heute die Verkehrswende auf dem Land, sagt Ifo-Mitautor Felix Rösel.

Er befürwortet die Reaktivierung, wohlwissend dass das viel Geld kostet. "Den Nutzen sollte man aber nicht nur daran messen, wie viele Leute am Bahnsteig stehen und einsteigen", sagt der Ökonom, schließlich könnten ländliche Räume so besser an boomende Regionen angebunden werden. Dem Klimaschutz könnte die Reaktivierung auch dienen, vor allem wenn die Strecken elektrifiziert würden und der Strom aus erneuerbaren Energien stamme. "Ein leerer Zug mit Diesellok bringt gar nichts."

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