Siemens zofft sich mit Arques:Gestörte Kommunikation

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Siemens streitet vor dem Landgericht München mit dem Finanzinvestor Arques über die Telefonfirma Gigaset. Welche Rolle spielt "Doppel-Chef" Hütten?

Thomas Fromm

Der Streit zwischen Siemens und dem Münchner Finanzinvestor Arques wegen der Geschäftspolitik beim gemeinsamen Telefonunternehmen Gigaset eskaliert. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung klagt der Münchner Konzern gegen Gigaset-Chef Michael Hütten, der gleichzeitig Vorstand bei Arques ist. Siemens sieht darin einen schweren Interessenkonflikt. Diesen Vorwurf weist Arques-Chef Hans Gisbert Ulmke zurück. "Der Vorwurf des Interessenkonflikts überrascht uns sehr, solche Konstellationen gibt es doch sehr häufig in Unternehmen", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Siemens zofft sich mit Arques - wegen der Geschäftspolitik beim gemeinsamen Telefonunternehmen Gigaset. (Foto: Foto: Reuters)

Die frühere Gigaset-Mutterfirma Siemens hält noch knapp 20 Prozent an dem Hersteller von Schnurlostelefonen und ist finanziell auch an dessen Sanierung beteiligt. Arques hält die Mehrheit und ist operativ für das Gigaset-Geschäft mit insgesamt 1800 Mitarbeitern zuständig. Der Gigaset-Umsatz lag zuletzt bei 500 Millionen Euro.

Notfalls einfach einspringen

Ein erster Gerichtstermin ist den Informationen zufolge für diesen Freitag in München anberaumt. Im Münchner Landgericht soll es unter anderem um die Doppelrolle Hüttens gehen. Siemens fordert eine Trennung der Mandate. "Hütten kann nicht beides sein", heißt es aus Siemens-Kreisen.

Zuletzt hielten sich hartnäckig Gerüchte, wonach Arques Gigaset eine bereits zugesagte Finanzhilfe in Höhe von 20 Millionen Euro vorenthalte und Siemens notfalls einspringen müsse, um eventuelle Lücken zu schließen. Dazu passte, dass Arques in der Branche als finanzschwach gilt. Viele glauben, die Investoren aus München hätten sich mit zu vielen und zu großen Beteiligungen finanziell verhoben und könnten Gigaset daher nicht mehr helfen. Auch dem widerspricht Ulmke. Die Notwendigkeit, Gigaset mit 20 Millionen Euro auszustatten, habe "zu keiner Zeit" bestanden.

Siemens schaut mit Argusaugen auf die Entwicklung bei Gigaset: Der Investor hatte im vergangenen Jahr die Mehrheit an Gigaset übernommen. Siemens gab der Tochter damals noch eine Mitgift von 50 Millionen Euro sowie Kreditzusagen mit auf den Weg. Außerdem entschied man sich, mit knapp 20 Prozent bei Gigaset an Bord zu bleiben - anders als etwa bei der Handysparte, die Siemens an den taiwanesischen Konzern BenQ vor mehr als vier Jahren weitergereicht hatte. Nach dem Aus der ehemaligen Tochter musste sich Siemens in der Öffentlichkeit schwere Vorwürfe gefallen lassen. Das BenQ-Trauma sitzt noch heute tief.

Entsetzt über den Stil

Bei Gigaset will man nun vermeiden, dass so etwas noch einmal passiert. Als Arques im Oktober mit Hütten einen eigenen Vorstand an die Spitze von Gigaset gesetzt hatte, war dies der vorläufige Höhepunkt der Konfrontation. Bei Siemens heißt es, man sei als Minderheitsaktionär erst nachträglich über die Doppelfunktion Hüttens informiert worden. Dies sei "kein guter Stil" gewesen. Damals wurde auch darüber spekuliert, Arques wolle auf diese Weise finanzielle Forderungen des Telefonherstellers an die Mutter blockieren. In der Münchner Siemens-Zentrale war man alarmiert: Es könne nicht sein, dass Gigaset möglicherweise unter einem Interessenkonflikt des Arques-Managements leide.

Erst im Oktober hatte Siemens dann Wirtschaftsprüfer von KPMG zu Gigaset geschickt. Ihre Mission war offiziell klar umrissen: Sie sollten sich ein Bild machen von der tatsächlichen Liquiditätslage des Unternehmens und dabei strategische Sanierungsvorschläge erarbeiten. Offenbar aber sollte auch sichergestellt werden, dass "Interessenkonflikte nicht zu Lasten von Gigaset" ausgenutzt werden, heißt es in der Branche. Siemens müsse nun "den Finger drauf haben". "Die Befürchtung, Arques würde bei Gigaset Geld abziehen, ist vollkommen absurd", meint Ulmke dazu: "Arques zieht kein Geld bei Gigaset ab."

In der Branche wird seit Tagen berichtet, die KPMG-Prüfer seien auf Initiative Hüttens wieder nach Hause geschickt worden. Dies bestätigt Ulmke zwar, meint aber, KPMG sei "einseitig im Auftrag von Siemens unterwegs" gewesen. "Das konnten wir so nicht akzeptieren." Ulmke zufolge ist die Sanierung von Gigaset "auf gutem Weg"; die Umsätze entwickelten sich gut und insbesondere das Weihnachtsgeschäft "boomt". "Hütten macht hier einen guten Job, das kann man sehen", findet Ulmke.

© SZ vom 11.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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