Schuldenkrise in Europa:Italien, tief in der Rezession

Lesezeit: 3 min

Nicht nur Spaniens Wirtschaft leidet immer mehr unter der Schuldenkrise. Italiens Regierung muss ihre Zahlen nach unten korrigieren: Das Haushaltsdefizit fällt höher auch als geplant, die Wirtschaftsleistung soll spürbar zurückgehen. Unterdessen hat die Bundesregierung Forderungen eine Absage erteilt, Rettungsgeld nicht nur an Staaten, sondern auch an einzelne Banken auszuzahlen.

Spanien - das war der Schuldenstaat, der in den vergangenen Tagen unter besonderer Beobachtungen der Finanzmärkte stand. Das Land musste hohe Zinsen für neue Kredite bieten. Deshalb wird diskutiert, ob möglicherweise auch Spanien wie Griechenland oder Irland Geld aus dem Euro-Rettungsschirm in Anspruch nehmen muss. Jetzt gibt es auch aus Italien schlechte Neuigkeiten.

Die Wirtschaft dort schrumpft stärker als ursprünglich angenommen. 2012 wird die Wirtschaftsleistung um 1,2 Prozent zurückgehen. Das geht aus einer vorläufigen Prognose hervor, über welche die Regierung von Ministerpräsident Mario Monti an diesem Mittwoch diskutieren soll. In früheren Prognosen war noch ein Minus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,4 Prozent vorhergesagt worden.

Immerhin: Für 2013 hob die Regierung die Prognose von 0,3 Prozent plus auf 0,5 Prozent an. Dem Entwurf zufolge wird auch die Schuldenlast im laufenden Jahr von weniger als 120 Prozent des BIP auf mehr als 123 Prozent wachsen.

Die Regierung in Rom hob die Prognose für das Haushaltsdefizit gemessen am BIP für 2013 von 0,1 Prozent auf 0,5 Prozent an. Einen ausgeglichenen Haushalt wird es demnach frühestens 2015 geben. Laut der Prognose des Internationalen Währungsfonds wird Italien sogar erst 2018 ausgeglichen bilanzieren.

Probleme im spanischen Bankensektor

In Spanien hat die Notenbank neue Zahlen vorgelegt, nach denen der angeschlagene Bankensektor des Landes von einem immer höheren Anteil notleidender Kredite betroffen ist.

Im Februar konnten 8,16 Prozent des gesamten Kreditvolumens nicht bedient werden. Das ist der höchste Wert seit 1994. Zum Vergleich: Vor der Finanzkrise im Jahr 2007 hatte die Quote unter einem Prozent gelegen. Auch im Jahresvergleich legte der Anteil der notleidenden Kredite im Februar drastisch zu - um 110 Prozent.

Der spanische Bankensektor ist insbesondere von der geplatzten heimischen Immobilienblase schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Das Misstrauen von Banken aus anderen Ländern ist hoch.

Nach Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts müssen sich die Notenbanken Spaniens und auch Italiens immer mehr Geld von Zentralbanken finanzstarker Länder wie Deutschland leihen. Demnach bezog in den ersten drei Monaten dieses Jahres allein die spanische Notenbank für 77 Milliarden Euro sogenannte Target-Kredite aus dem Euro-System.

Die Target-Kredite steigen und steigen demnach. Seit Juli 2011 sind danach von den Notenbanken Spaniens und Italiens Target-Kredite im Umfang von 483 Milliarden Euro gezogen worden, um ihre Volkswirtschaften mit billigen Krediten versorgen zu können. Hans-Werner Sinn, Chef des Ifo-Instituts, ist der lauteste Mahner vor den Gefahren, die hohe Target-Salden seiner Meinung nach bergen.

Bundesregierung will Rettungsgelder weiter nur an Banken zahlen

Die Bundesregierung sieht keinen Anlass, die Regeln der Euro-Rettungsschirme zu Gunsten Spaniens zu verändern. Eine direkte Verbindung von EFSF und ESM zu einzelnen Banken eines Landes sei in den gemeinsamen Verträgen der Euro-Länder nicht vorgesehen, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums: "Tragende Säule für EFSF und ESM ist und bleibt die Hilfe für Staaten."

Die gemeinsam gefundenen Regeln sähen vor, dass eine Unterstützung von Banken über den jeweiligen Staat zu erfolgen habe. "Eine Diskussion, die Verträge zu ändern, gibt es nicht", sagte der Ministeriumssprecher.

Die Süddeutsche Zeitung hatte berichtet, in einer Reihe von Euro-Staaten gebe es Forderungen, die Kriterien für die Vergabe von EFSF- und ESM-Mitteln für Länder zu lockern, in denen das Hauptproblem nicht im Staatshaushalt, sondern im Bankensektor liege. In diesem Falle solle der EFSF Geld direkt an Institute überweisen können, ohne den Umweg über den Staat zu gehen.

Damit müsste zum Beispiel die spanische Regierung keine Reformauflagen fürchten. Der Ministeriumssprecher sagte dagegen, die in Spanien in Angriff genommenen Reformen seien überzeugend: "Es ist nicht zu erkennen, dass Spanien ein Hilfsprogramm braucht oder in Anspruch nehmen möchte."

Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sprach sich gegen Hilfen für die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone aus: "Wir sollten nicht immer den Weltuntergang ausrufen, wenn die langfristigen Zinsen eines Landes zeitweilig über sechs Prozent steigen", sagte Weidmann in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.

Spanien, zuletzt an den Anleihemärkten unter Druck geraten, steht vor einem wichtigen Test am Donnerstag: Wenn das hoch verschuldete Land bei der geplanten Auktion genügend Abnehmer für seine zwei- und zehnjährigen Staatsanleihen findet, könnte es sich zumindest kurzfristig Entlastung verschaffen und aus dem Fokus spekulativer Anleger herauskommen. .

© Reuters/dapd/dpa/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: