Schuldenkrise in Europa:Finanzmarktsteuer in der EU gescheitert - vorerst

Den Handel an den Börsen mit einer Steuer zu bremsen und Milliarden einnehmen - das wird es in der EU so schnell nicht geben. Eine Finanzmarktsteuer ist erst einmal vom Tisch: Großbritannien, Schweden, die Niederlande und Luxemburg sind dagegen. Finanzminister Schäuble hält sich einen Alleingang aber weiter offen.

Cerstin Gammelin, Brüssel

Die Einführung einer europaweiten Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte ist vorerst vom Tisch. Die Finanzminister der 27 europäischen Länder einigten sich am Dienstag in Brüssel angesichts der anhaltenden Blockade von Großbritannien und Schweden, aber auch von den Niederlanden und Luxemburg darauf, nach Alternativen zu suchen. "Wir brauchen eine Regelung, und wenn wir sie nicht einstimmig für ganz Europa beschließen können, müssen wir über eine Alternative nachdenken", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach dem Treffen.

Schuldenkrise in Europa: Die Frankfurter Börse.

Die Frankfurter Börse.

(Foto: AFP)

Es müsse jetzt geprüft werden, ob die Steuer in einer kleineren Gruppe von Ländern eingeführt oder alternativ nur auf bestimmte Geschäfte mit Wertpapieren erhoben werden könne. "Wir prüfen in beide Richtungen", so Schäuble. Die dänische Ratspräsidentschaft will bis Ende März Vorschläge vorbereiten. Schäuble schloss einen Alleingang einiger Länder nicht aus. Er verwies jedoch darauf, dass es auch in der Bundesregierung noch keine gemeinsame Position gebe.

Der Plan, eine Umsatzsteuer auf Wertpapiergeschäfte zu erheben, existiert seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008. Da die Idee einer weltweiten Einführung schnell scheiterte, prüften die Europäer seither, diese zunächst allein zu erheben.

Die Europäische Kommission legte Ende September 2011 einen Vorschlag vor. Danach soll die Steuer von 2014 an auf alle Geschäfte mit Wertpapieren erhoben werden. Sie sollte nicht auf den Börsenhandel begrenzt sein, sondern auch direkte Transaktionen zwischen zwei Marktteilnehmern einschließen.

Um zu verhindern, dass Banken ins nichteuropäische Ausland abwandern, wollte die Kommission jede Transaktion besteuern, an der Teilnehmer aus der EU beteiligt sind, und zwar auch bei Geschäften, die außerhalb der EU abgeschlossen werden. Die Einnahmen sollen in das Land fließen, in dem der Marktteilnehmer sitzt, nicht in das Land, in dem gehandelt wird.

Großbritannien, Niederlande und Luxemburg weiter dagegen

Über den Vorschlag berieten die Finanzminister am Dienstag erstmals. Zusammen mit acht weiteren Ressortchefs hatte Schäuble zuvor nochmals dafür geworben, die Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte europaweit einzuführen. Großbritannien und Schweden beharrten jedoch auf ihren Positionen. London besteuert bereits einen kleinen Teil von Finanzgeschäften und fürchtet, dass sich eine europaweite Steuer nachteilig auf den Finanzplatz London auswirken könnte, weil sie auf deutlich mehr Geschäfte mit Wertpapieren erhoben werden soll und den Handel teurer macht. Schweden verweist ebenfalls darauf, eine eigene Steuer eingeführt zu haben.

Aber auch in der Euro-Zone ist die Steuer nicht durchsetzbar. Die Niederlande fürchten um den Finanzplatz Amsterdam. Finanzminister Jan Kees de Jager präsentierte zwei Studien nationaler Aufsichtsbehörden, wonach die geplante Steuer das Wirtschaftswachstum bremse. "Wir brauchen eine gründlichere Überprüfung", sagte de Jager.

Irland will nur mitziehen, wenn London seinen Widerstand aufgibt. Strikt dagegen ist auch Luxemburg, der Bankenplatz der Euro-Länder. Premier Jean-Claude Juncker schickte seinen Finanzminister Luc Frieden vor, um Luxemburgs Veto bekanntzugeben. Es sei nicht sinnvoll, eine solche Steuer einzuführen, solange der Bankenplatz London nicht mitmache, sagte Frieden.

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