Schmiergeldverdacht bei der Ferrostaal AG:Rüstungs-Millionen für Mandela-Film

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Das Leben des südafrikanischen Volkshelden Nelson Mandela wird verfilmt - und rund ein Drittel der Produktionskosten bezahlt ausgerechnet ein Rüstungslieferant: die Essener Ferrostaal AG. Allerdings ist die Finanzierung keine Spende, sondern ein Gegengeschäft mit Südafrika. Das Projekt wird von einem Schmiergeldverdacht überschattet.

Klaus Ott

Mehr als 27 Jahre kämpfte Nelson Mandela vom Gefängnis aus gegen die Unterdrückung der Schwarzen - und hatte schließlich Erfolg. Er wurde zum Präsidenten Südafrikas gewählt. Es war ein, so heißt es in Mandelas Biographie, "langer Weg in die Freiheit".

Nelson Mandelas Leben wird verfilmt. Die Finanzierung des Films wird allerdings von einem Schmiergeldverdacht überschattet. (Foto: REUTERS)

Darüber entsteht nun ein Film. Knapp 30 Prozent der Kosten des Mandela-Films steuert ein Rüstungslieferant bei, die Ferrostaal AG aus Essen, die weltweit Kriegsschiffe, U-Boote und andere Güter aus deutscher Produktion verkauft.

Sechs Millionen Euro, je zur Hälfte Zuschuss und Kredit, zahlt der Essener Handelskonzern. Es ist ein Gegengeschäft für den 660 Millionen Euro teuren Erwerb von drei deutschen U-Booten durch Südafrikas Regierung nach Mandelas Amtszeit.

Nun steht der U-Boot-Deal, nicht zum ersten Mal, unter Schmiergeldverdacht. Ferrostaal ist in eine Korruptionsaffäre verstrickt, der Aufsichtsrat hat Anwälte der US-Kanzlei Debevoise & Plimpton als interne Ermittler eingesetzt. Die Kanzlei hatte schon im Schmiergeldskandal bei Siemens vieles zutage gefördert. Auch bei Ferrostaal wurde sie fündig, insbesondere in Südafrika.

In einem Prüfbericht bezeichnet Debevoise mehrere Gegengeschäfte für den U-Boot-Kauf als "besonders bedenklich". Man sei auf Verbindungen zum African National Congress (ANC) gestoßen, zur südafrikanischen Regierungspartei, der einst Mandela vorgestanden hatte.

Gegengeschäfte beliefen sich auf 62 Millionen Euro

Mandela selbst ist frei von jedem Verdacht, aber seine Nachfolger geraten in Bedrängnis. Die Oppositionspartei Demokratische Allianz (DA) verlangt Aufklärung. Der Debevoise-Report gewähre, so der DA-Abgeordnete David Maynier, "neue Einblicke". Die Ferrostaal-Millionen für den Mandela-Film rügten die Debevoise-Anwälte in ihrem Bericht nicht, andere Fälle schon. Dass Ferrostaal für den Film zahlt, hat das Handels- und Industrieministerium in einem Schreiben an Maynier zugegeben. Die DA bezweifelt, dass ein Rüstungslieferant moralisch geeignet sei, die Verfilmung von Mandelas Leben zu fördern.

Ende 1999 hatte Ferrostaal zusammen mit der Deutsche Howaldtswerke Werft AG und einer Tochter des Stahlkonzerns Thyssen den Zuschlag für die U-Boote erhalten. Ferrostaal versprach, Gegengeschäfte im Wert von drei Milliarden Euro zu initiieren, von denen Südafrikas Wirtschaft profitiere. Allenfalls zwei Prozent davon müssten verwirklicht werden, kalkulierte der Konzern laut Debevoise insgeheim.

So kam es auch. Die Gegengeschäfte, Offset genannt, beliefen sich auf 62 Millionen Euro. Bei Debevoise heißt es, ein Ferrostaal-Angestellter habe im Jahr 2005 intern erklärt, ein Vorstandsmitglied habe Offset in Südafrika als Zahlungsweg für NA bezeichnet: nützliche Aufwendungen. NA steht für Schmiergeldzahlungen.

Der Ferrostaal-Angestellte soll intern auch geäußert haben, er habe NA-Vereinbarungen für Südafrika gesehen. Als Debevoise jetzt diesen Angestellten und das damalige Vorstandsmitglied dazu befragen wollte, weigerten sich beide, Auskunft zu geben.

Die US-Anwälte stießen bei den Offset-Geschäften auf eine Tee-Plantage in einer Provinz, aus der viele führende ANC-Politiker stammen, auf die Tochterfirma eines südafrikanischen Unternehmens mit engen Verbindungen zum ANC, das von einem früheren Verteidigungsminister geleitet worden war, und auf eine Bildungs-Organisation, bei der es angeblich zu Betrügereien gekommen ist. Mit Mandelas Kampf für die Freiheit, der mit Hilfe von Ferrostaal verfilmt wird, hat das alles nichts mehr zu tun.

© SZ vom 16.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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