Schaeffler und Continental:Späte Rache

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Rätselraten um die künftige Struktur der Conti-Schaeffler-Verbindung: Offenbar soll nun Continental die Führung im Kerngeschäft Automotive übernehmen.

M. Hesse, U. Ritzer und M. Thiede

Abends um neun Uhr war die Sache klar: In ihrer gemeinsamen Not haben sich Continental, Schaeffler und die Banken auf einen Burgfrieden geeinigt. Nach elf Stunden Hauptversammlung wurden alle Tagesordnungspunkte - ob Entlastung der Verwaltung, Neuwahlen zum Aufsichtsrat oder Kapitalmaßnahmen - mit 99 Prozent Ja-Stimmen durchgewunken.

Wer übernimmt die Führung im künftigen Conti-Schaeffler-Konzern? Die Automotive-Sparte soll offenbar von den Hannoveranern geleitet werden. (Foto: Foto: dpa)

Der Burgfrieden bedeutet aber nicht, dass nun auch Einigkeit darüber besteht, wie man aus dem Schlamassel wieder herauskommt. Schaeffler hat sich mit der Conti-Übernahme im Spätsommer 2008 finanziell übernommen, und dann hat die Branchenkrise beide Autozulieferer in schwere Turbulenzen gestürzt. Die Gläubigerbanken beider Konzerne sitzen nun auf wackligen Forderungen. Schlimm für alle: Seit der Übernahme blockieren sich Schaeffler und Conti gegenseitig, und an Synergien oder gar eine Fusion ist nicht zu denken.

Besserer Zugang zu Kapital

Doch allmählich zeichnet sich zumindest der Weg ab, wie sich die Konzerne aus der Lähmung befreien könnten. Vorstandschef Karl-Thomas Neumann will in 100 Tagen ein Konzept für eine gemeinsame Zukunft von Conti und Schaeffler vorlegen. Auch aus dem Umfeld von Schaeffler und in Bankenkreisen heißt es, bis zum Sommer solle ein Gesamtkonzept vorliegen. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass es keine zwei getrennten Konzepte geben wird, sondern Schaeffler, Conti, Banken und Wirtschaftsprüfer die Überlegungen zu einem gemeinsamen Plan zusammenführen.

Wie der aussehen könnte, ist im Moment noch Spekulation. Als wahrscheinlich gilt derzeit, dass das Automotive-Geschäft zusammengelegt wird und Conti die Führung dieses Kerngeschäfts übernimmt. Viele trauen den Hannoveranern die Managementaufgabe am ehesten zu. Zum anderen ist Conti bereits börsennotiert und dürfte über die Börse mittelfristig besseren Zugang zu Kapital haben.

Rasche Entscheidung unwahrscheinlich

An der Börse haben Neumanns Erklärung und die Gedankenspiele, wie das Konzept aussehen könnte, am Donnerstag und Freitag ein Kursfeuerwerk ausgelöst: Die Aktie gewann fast 20 Prozent - eine Wertsteigerung von gut einer halben Milliarde Euro. Vor allem die Banken werden das mit Wohlwollen registriert haben, reduziert sich damit doch ihr Wertberichtigungsbedarf erheblich.

Schaeffler wollte die Gerüchte über die künftige Struktur nicht kommentieren. Aus Firmenkreisen verlautete, tatsächlich werde die Variante, Conti das Automotive-Geschäft zu überlassen, intern bereits länger diskutiert. Ob sie umgesetzt werde, hänge von der Ausgestaltung ab, die noch unklar sei. Vor allem müsse gewährleistet sein, dass "die Eigentümerfamilie und nicht irgendwelche Leute bei Conti" im Konzern das Sagen hätten. Maria-Elisabeth Schaeffler und ihr Sohn Georg müssten mindestens Ankerinvestoren bleiben.

Allerdings ist unklar, woher Conti das Geld für den Kauf der Automotive-Sparte nehmen sollte, zudem würden die Einnahmen auf Schaeffler-Seite bei weitem nicht reichen, um die Schulden zu tilgen. So wird es vor allem von den Banken abhängen, welchen Weg Conti und Schaeffler nehmen. Die sechs Hauptgläubiger von Schaeffler hatten dem Unternehmen vor wenigen Wochen einen Überbrückungskredit gewährt, um Zeit für die Ausarbeitung einer Lösung zu gewinnen. Auch deshalb gilt eine rasche Entscheidung als unwahrscheinlich.

© SZ vom 25.04.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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