Schaeffler und Porsche:Davids Scheitern

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Sie haben viel gewagt und stecken nun in der Klemme: Porsche und Schaeffler haben sich mit waghalsigen Deals verhoben - jetzt sollten sie ihre Fehler eingestehen.

Martin Hesse

Sie wollten ganz nach oben. Und sie waren bereit, dafür hohe Risiken einzugehen und die Kapitalmarktkultur mit Füßen zu treten. Porsche und Schaeffler mit ihren Vorstandschefs Wendelin Wiedeking und Jürgen Geißinger zettelten einen Kampf vom Stil David gegen Goliath an, um die Kontrolle über die Konzerne VW und Continental zu gewinnen. In diesen Wochen holen Finanzkrise und Rezession die Größenwahnsinnigen auf den Boden der Realität zurück.

Viel gewagt, viel verloren: Porsche und Schaeffler haben die Krise unter- und die Integrationsfähigkeit ihrer Übernahmeziele überschätzt. (Foto: Fotomontage: sueddeutsche.de, Fotos: ddp/dpa)

Die zunächst überrumpelten Riesen wehren sich, und es könnte gut sein, dass sich Porsche und Schaeffler demnächst als Juniorpartner ihrer Übernahmeziele wiederfinden. Wiedeking und vor allem Geißinger haben sich verhoben. Natürlich sind nicht beide Fälle gleich, die Situation bei Schaeffler und Conti ist offenbar weitaus dramatischer als bei Porsche und VW.

Eine Frage der Kulturen

Doch beide Übernahmeversuche weisen Parallelen auf. Und sie lehren vor allem zweierlei: Erstens ist nicht alles, was finanztechnisch möglich ist, auch wirtschaftlich sinnvoll. Und wer zwei Unternehmen solcher Größe zusammenführen will, muss - zweitens - nicht nur die wirtschaftlichen Risiken gut durchrechnen. Er sollte auch sicherstellen, dass eine Chance besteht, die Unternehmenskulturen zusammenzuführen. Mit beiden Grundregeln sind Wiedeking und Geißinger schlampig umgegangen.

Es ist nicht grundsätzlich unmöglich, als kleineres Unternehmen einen größeren Konkurrenten zu übernehmen. Es gibt in der Wirtschaftsgeschichte viele Beispiele dafür, dass kleinere, wachstumsstarke Firmen größere Wettbewerber schlucken. Oft sind etablierte Anbieter träge geworden und geraten in Schwierigkeiten, sodass jüngere Unternehmen mit besseren Produkten, neuen Technologien und hohen Gewinnen die Kontrolle über sie gewinnen können. Ein solcher Verdrängungswettbewerb kann sinnvoll sein und neue, schlagkräftige Konzerne entstehen lassen.

Umstrittene Anschleichtaktik

Doch wenn der Kleine den Großen übernehmen will, muss er den Kauf solide finanzieren und sicher sein, dass er den Kauf auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten stemmen kann. Porsche und Schaeffler aber bürdeten sich für die Übernahme Schulden auf, unter denen sie nun zusammenzubrechen drohen. Während Wiedeking seinen Angriff früh genug startete, um nicht sofort in den Strudel der Wirtschaftskrise zu geraten, ging Geißinger das Vabanque-Spiel noch ein, als sie längst schwelte. Beide konnten überhaupt nur eine Hand an VW beziehungsweise Conti bekommen, weil sie verdeckt vorgingen. So konnten sie vergleichsweise billig einen erheblichen Anteil an ihrer Beute erwerben, ehe der Übernahmeplan ruchbar wurde und den Preis in die Höhe trieb.

Doch mit ihrer Anschleichtaktik, die zwar legal war, aber gegen die Regeln einer guten Kapitalmarktkultur verstieß, haben sich Wiedeking und Geißinger viele Feinde gemacht. Wiedeking trieb die Provokation der Investoren auf die Spitze. Er selbst, der sich oft über das Kurzfristdenken an den Finanzmärkten empört, ließ Spekulanten ins Messer laufen, agierte aber wie ein Hedgefonds und sahnte nebenbei Millionengehälter ab, von denen Dax-Chefs nur träumen können. Geißinger wiederum verärgert mit seinem brüsken Auftritt bei Conti nicht nur die freien Aktionäre und Mitarbeiter des Dax-Konzerns. Auch bei den Banken, die den Angriff mit ihren Krediten erst ermöglichten, löst sein Konfrontationskurs gegenüber dem Conti-Management Entsetzen aus.

Das Ansehen von Wiedeking und Geißinger bei Mitarbeitern und Aktionären, Investoren und Gläubigern hat stark gelitten. Gegen all diese Interessengruppen lässt sich kein Konzern führen. Es scheint schwer vorstellbar, dass Porsche und VW sowie Schaeffler und Conti unter der Führung der beiden Männer gesund aus Rezession und Übernahmeschlacht hervorgehen können. Hinter Wiedeking und Geißinger stehen die Eigentümerfamilien Piëch und Porsche sowie Schaeffler. Wenn sie noch einen Funken Verantwortungsgefühl haben, dann sollten sie ihre Fehler eingestehen und den Weg für eine Lösung mit neuem Führungspersonal frei machen.

© SZ vom 24.04.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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