Schäden nach dem Sturm:"Xaver" fand keinen Hebel in kahlen Bäumen

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Nahe Rostock hat ein Toilettenhäuschen den Kampf gegen Xaver verloren. Insgesamt sind die Orkanschäden vergleichsweise gering. (Foto: dpa)

Das Ereignis "Xaver" ist von den meisten Versicherungen nicht abgedeckt. Aber der Orkan hat weniger Schäden angerichtet als "Christian" vor ihm, sagen die Versicherer - auch weil die Blätter schon gefallen sind. Doch Schnee und Blitzeis halten die Straßen gefährlich.

Von Ilse Schlingensiepen, Köln

Die Auswirkungen von Orkan Xaver, der immer noch über Norddeutschland tobt, sind nach den bisher vorliegenden Informationen weniger gravierend als zunächst vermutet. Die Schäden bleiben hinter denen zurück, die Sturm Christian im Oktober verursacht hat. Die Versicherungswirtschaft rechnet mit einer deutlich geringeren Belastung.

Der Rückversicherungsmakler Aon Benfield hat sich früh mit einer Prognose auf den Markt gewagt. "Wir gehen davon aus, dass Xaver mit einem geschätzten versicherten Schaden von 50 bis 100 Millionen Euro entgegen der öffentlichen Wahrnehmung und einzelner Medienberichte deutlich geringere Auswirkungen haben wird als der Orkan Christian Ende Oktober diesen Jahres", sagte der Vorstandsvorsitzende Jan-Oliver Thofern.

Zu dem geringen Schadenausmaß trägt bei, dass - anders als bei Christian - kaum noch Blätter auf den Bäumen sind, der Wind durch die Bäume wehen kann und die Hebelwirkung deshalb geringer ist. Viele kranke oder geschwächte Bäume sind zudem bereits durch Christian gefällt worden. Beim aktuellen Sturm besteht laut Aon Benfield allerdings die Gefahr, dass es durch Schnee und Blitzeis vermehrt zu Autounfällen kommt.

Die Schadenagentur Perils in Zürich hat gerade eine Schätzung für die durch Christian verursachten Schäden in Europa veröffentlicht. Die Naturkatastrophe hat die Versicherer danach 994 Millionen Euro gekostet. Die meisten Schäden gab es in Dänemark, Deutschland und den Niederlanden.

Die Versicherer halten sich mit Schadenschätzungen zu Xaver zu diesem frühen Zeitpunkt noch zurück. Auch sie gehen aber davon aus, dass sie von dem Orkan nicht so stark betroffen sind wie von Christian vor sechs Wochen.

Bei der zur Provinzial Nordwest gehörenden Hamburger Feuerkasse waren bis 10 Uhr am Freitag morgen gerade einmal 60 Schadenmeldungen eingegangen. Die Feuerwehr in Hamburg meldete rund 400 Einsätze, verglichen mit 2500 vor sechs Wochen. Die Provinzial Nordwest, die außer in Hamburg auch in Schleswig-Holstein und Westfalen aktiv ist, geht insgesamt davon aus, dass sie für den aktuellen Orkan deutlich weniger bezahlen muss als für seinen Vorgänger. Christian hatte die Gruppe rund 100 Millionen Euro gekostet.

Auch die Rückversicherer Munich Re, Swiss Re und Hannover Rück können zur Belastung noch nichts sagen. Für die Munich Re führt die jüngste Naturkatastrophe erneut die Notwendigkeit der Schadenverhütung vor Augen. Das Wintersturm-Risiko in Europa sei in der jüngeren Vergangenheit gleich geblieben, es habe in den vergangenen drei Jahrzehnten keine Veränderungen bei der Häufigkeit oder der Intensität gegeben, sagt Peter Höppe, Leiter der Georisikoforschung bei Munich Re. "Gleichzeitig haben die Präventionsmaßnahmen gerade mit Blick auf die Sturmflut ihre Wirksamkeit unter Beweis gestellt."

Nach einer Simulationsrechnung der Munich Re haben die Investitionen, die in Hamburg in Folge der verheerenden Sturmflut 1962 in den Hochwasserschutz geflossen sind, der Hansestadt Schäden in Höhe von 17,5 Milliarden Euro erspart - Xaver noch nicht eingerechnet. "Seit 1962 gab es fünf Fluten in Hamburg, die über dem Niveau von 1962 lagen", sagt Höppe.

Wer Schäden durch die aktuelle Sturmflut erlitten hat, kann nicht auf Hilfe der Versicherer setzen. Dieses Ereignis ist nicht versichert und auch in den Elementarschadendeckungen nicht enthalten. Wegen der Seltenheit dieser Naturereignisse und der relativ geringen Zahl der Betroffenen sei eine Versicherungslösung nicht darstellbar, betont der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Es sei sinnvoller, in den Küstenschutz zu investieren.

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