Energie:RWE verdient besser als gedacht

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Braunkohlemeiler von RWE im Rheinland: Der Essener Konzern steckt in einem langwierigen Wandel von Großkraftwerken hin zu erneuerbarer Energie. (Foto: Martin Meissner/AP)

Deutschlands größter Stromerzeuger hebt seine Gewinnprognose an. Der Optimismus hat jedoch weniger mit Kraftwerken oder Windrädern zu tun.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Die Geschäfte von Deutschlands größtem Stromerzeuger RWE laufen in diesem Jahr bislang besser als zuletzt erwartet. Der Energiekonzern hat seine Gewinnprognose für das laufende Jahr überraschend um gut 350 Millionen Euro nach oben korrigiert. Das liegt jedoch weniger an Kohlekraftwerken oder Windrädern, sondern am Handelsgeschäft.

Die sogenannten Trader von RWE handeln weltweit mit Strom oder Gas, aber auch mit Rohstoffen oder mit CO₂-Ausstoßrechten. Sie kaufen und verkaufen Energie beispielsweise an große Industriebetriebe oder auch die Deutsche Bahn. Ihre Großraumbüros - etwa in Essen und London - nennen sich "Trading Floors", man kann sie sich wie eine kleine Börse vorstellen.

Alleine im ersten Halbjahr habe die Handelssparte einen Gewinn von 525 Millionen Euro vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen eingefahren, teilt RWE nun mit. Ursprünglich hatte der Konzern für dieses Geschäft höchstens 350 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Die "Trader" haben offensichtlich einen Lauf: Bereits im vergangenen Jahr hatte die Sparte überraschend viel Geld verdient. Bloß glaubte damals kaum jemand, dass sich dieser Erfolg einfach wiederholen oder übertreffen ließe. Börsenanalysten verweisen darauf, dass die Preise mehrerer Rohstoffe zuletzt gestiegen sind; davon könne auch die Energiebranche profitieren.

Im ersten Halbjahr hat RWE mehr konventionellen Strom erzeugt als im schwachen Vorjahreszeitraum

Das gute Ergebnis im Handel ändert jedoch nichts daran, dass sich RWE grundsätzlich in einem komplexen Wandel befindet. Der Essener Konzern ist noch immer einer der größten Treibhausgas-Emittenten Europas. Er betreibt große Braunkohle-, Atom- und Gaskraftwerke, die in der ersten Jahreshälfte 2021 mehr Strom erzeugten als im Vorjahreszeitraum; allerdings war die Nachfrage damals auch besonders niedrig, da mehrere Industriezweige infolge der Corona-Pandemie wochenlang stillstanden. Freilich werden die Kohle- und Atomkraftwerke von RWE in den nächsten Monaten und Jahren nach und nach vom Netz gehen, wie mit dem Staat vereinbart. Deren Einnahmen fallen mithin schrittweise weg.

Auf der anderen Seite hat der Konzern vor zwei Jahren weite Teile seiner Geschäfte mit dem Rivalen Eon getauscht: RWE gab die Geschäfte mit Netzen und Privatkunden der Tochter Innogy ab. Im Gegenzug übernahm RWE sämtliche Wind- und Solarparks von Innogy und Eon. Seitdem sind die Essener etwa der weltweit zweitgrößte Betreiber von Windrädern auf hoher See. "Wir investieren kräftig - und das nahezu ausschließlich in grüne Energie", gab Konzernchef Markus Krebber die Linie vor.

Markus Krebber ist seit dem Frühjahr Vorstandschef des größten deutschen Stromerzeugers RWE. (Foto: Reuters)

Freilich geht die Expansion in neue Märkte auch mit Risiken einher. Das spürte RWE Anfang dieses Jahres, als ein Kälteeinbruch in Texas nicht nur Solar- und Windanlagen vereisen ließ: Auch Gasleitungen froren zu, Kohle- und Atomkraftwerke fielen zeitweise aus. In der Folge war der Strompreis in dem US-Bundesstaat horrend gestiegen. Doch RWE hatte einen Teil des eigenen Windstroms bereits im Voraus verkauft und musste daher zeitweise Strom zu Mondpreisen zukaufen, um die Verpflichtungen zu erfüllen. Allein diese Episode hat dem Konzern in diesem Jahr etwa 400 Millionen Euro gekostet.

Vor diesem Hintergrund sei es "erfreulich", dass RWE die Prognose nun wieder anheben könne, sagt Finanzvorstand Michael Müller. Dies gebe dem Konzern "weiteren Schwung" für den Wandel. An der Börse hat RWE am Freitag zeitweise zwei Prozent an Wert gewonnen und zählte damit zu den größten Tagesgewinnern in Deutschlands wichtigstem Aktienindex Dax.

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