Das Geschäft mit Waffen ist verschwiegen. Firmen in diesem Markt, den Regierungen mit ihren Bestellungen bestimmen, sind so transparent wie der Militärische Abschirmdienst. Von daher ist es fast eine Sensation, was jetzt in einem der beiden führenden deutschen Rüstungskonzerne passiert. Einer der vielen Gesellschafter von Krauss-Maffei Wegmann mosert über einen Deal, der viel Geld in die Kasse bringt - er regt sich auf über den Verkauf weiterer Leopard-Kampfpanzer aus der eigenen Produktion an Saudi-Arabien.
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Burkhart von Braunbehrens, 71, der eine der fünf Eigentümerfamilien vertritt, argumentiert im Stern gegen das Geschäft. Die arabische Revolution werde als große Hoffnung begrüßt - "in dieser Situation Panzer nach Saudi-Arabien zu liefern wäre ein unmögliches Signal", sagt der Hauskritiker. "Es wäre Wahnsinn", so der Vorwurf, Er und seine Familienmitglieder seien entsetzt gewesen, als im März 2011 saudische Panzer im Nachbarland Bahrain eingerollt seien und die Demokratiebewegung niedergeschlagen worden sei. Die geplante Ausfuhr weiterer Panzer nach Saudi-Arabien - es geht wohl um 600 bis 800 "Leos" - verstoße gegen die deutsche Exportrichtlinie. Er habe sich an Bundespräsident Joachim Gauck gewandt mit einer Bitte: den Export nicht zu genehmigen.
Der Patriarch des Panzer-Clans war ein Phantom der Geschäftswelt
Seit dieser Attacke des Künstlers aus der Pfalz, der einst in den 68er Protestzeiten in Heidelberg gegen den Vietnam-Krieg auf der Straße zu Felde zog, ist der Familienfrieden dahin. Seitdem gibt es viele Krisengespräche in der Rüstungsfirma und in dem weit verzweigten Familienclan, der hier regiert und mit Waffen hervorragend verdient hat. Alle Gesellschafter - mehr als 30 - sind Nachfahren der Firmengründer oder der späteren Eigentümer von Wegmann & Co, einer Kasseler Waggonfabrik. Das war der Kern des Unternehmens. Man verdiente und schwieg. Bis Burkhart von Braunbehrens den Aufstand wagte.
Das wiederum stört den Patriarchen des Panzer-Clans, der jahrelang die Firma geleitet hat, der in Staatskanzleien und Ministerien ein und ausging, und der sich nun von einem "linken" Verwandten nicht das donnernde Geschäft kaputt machen lassen will. Manfred Bode, 71, nach wie vor einflussreichster Miteigentümer, hatte die Geheimniskrämerei auf die Spitze getrieben: Keine Interviews, nur ein öffentlich zugängliches Foto (ein Versehen) - er war ein Phantom der Geschäftswelt. Vor ein paar Jahren hatte er die Geschäftsführung abgegeben.
Frank Haun wurde der erste familienfremde Manager an der Firmenspitze. Da wirkte es wie "friendly fire", wie Geschosse aus den eigenen Reihen, als Mitgesellschafter Braunbehrens nun das Panzergeschäft aufspießte. Seitdem fragen sich viele in der Rüstungsbranche, wie Macht und Einfluss beim Panzerbauer verteilt sind. Wie die Gefechtslage verläuft zwischen aktiven Gesellschaftern sowie den stillen Kapitalgebern und Kommanditisten, die kein Stimmrecht haben. Kurz: Ob es Streit gibt unter den Eigentümern über den künftigen Kurs. In der Branche erzählt man sich, die meisten Familienmitglieder hätten bisher kaum Interesse an der Firma gezeigt. "Sie haben sich aus allen operativen Angelegenheiten rausgehalten und still ihre jährliche Ausschüttung kassiert", erzählt ein Insider.
Die Frage ist, ob die Familie wieder Eintracht herstellt
Bei Krauss-Maffei Wegemann ist der Eigentümerkreis besonders bunt: Schauspieler, Ärzte, Lehrer, Landwirte sind darunter. Dass Burkhart von Braunbehrens, 71, in die Offensive geht, hat viele überrascht. Manche sehen einen Zusammenhang mit einer Aktion der Künstlerinitiative Zentrum für Politische Schönheit. Sie will den Deal mit den Saudis verhindern - und setzte eine Prämie von 25 000 Euro für Hinweise aus, die die Eigentümer von Krauss-Maffei Wegmann ins Gefängnis bringen. "Von Braunbehrens hat Angst bekommen, als er sein Konterfei auf der Homepage der Panzergegner gesehen hat", so ein Beobachter.
Die Frage ist, ob die Familie wieder Eintracht herstellt. Oder ob sie anfällig wird für einen Verkauf oder Teilverkauf. Auf eine große Fusion, auf eine Deutsche Panzer AG, hat es der Chef des großen deutschen Rivalen Rheinmetall schon lange abgesehen. Vom "nationalen Champion" träumt Vorstandschef Klaus Eberhardt, 64, doch bald geht er in Rente. Er hätte den Kampf mit den Branchenriesen in USA und England gerne zusammen mit Krauss-Maffei Wegmann aufgenommen. Der Rivale ist zwar mit zuletzt 936 Millionen Euro Umsatz deutlich kleiner als Rheinmetall, aber er ist bei Panzern und gepanzerten Fahrzeugen weltweit die Nummer drei. Doch Manfred Bode, der Patron, lehnte kategorisch ab.
Er persönlich hätte nichts dagegen, wenn seine Familie die Anteile an Krauss-Maffei Wegmann verlaufen würde, bekannte Rebell Braunbehrens. Seinen Platz im Gesellschafterausschuss, den Manfred Bode leitet, ist Braunbehrens wohl los. Der Clan duldet keinen Störenfried. Da ist er stur wie ein Panzer.