Mein erster Tod ist besonders grausam: Mia, meine Frau, schlitzt mich längs mit der Kettensäge auf. Sie lacht dabei. Blut spritzt gegen den Bildschirm während ich langsam zu Boden sinke.
In dem Horror-Shooter "Resident Evil 7: Biohazard" schlüpft der Spieler in die Rolle von Ethan Winters, dessen Frau Mia seit drei Jahren verschollen ist. Plötzlich taucht ein Video auf, in dem Mia sich bei Ethan entschuldigt und ihn warnt: "Wenn dich dieses Video erreicht, such mich nicht!" Was macht Ethan als pflichtbewusste Hauptperson eines Horrorspiels? Er steigt trotzdem in sein weißes Muscle-Car und fährt ins Nirgendwo von Louisiana, in die fiktive Stadt Dulvey. In einem Wald in der Nähe von Dulvey stellt er das Auto ab.
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Zombiejagd in der Virtual Reality, eine lang erwartete Konsole, die Fortsetzung von "Red Dead Redemption": Auf diese Spiele können Gamer dieses Jahr gespannt sein.
In diesem Moment werde ich zu Ethan. "Resident Evil 7" ist der erste Teil der Serie, in dem der Spieler die Hauptfigur aus der Ich-Perspektive steuert. Außerdem ist es das erste Resident-Evil in der virtuellen Realität: Mit dem VR-Headset stehe ich inmitten einer Horror-Welt - und die wirkt noch intensiver als die zweidimensionale Darstellung auf einem Bildschirm. Ich bin in einem Sumpfgebiet, vor mir liegt eine verlassene Villa mitten im Wald. Am liebsten würde ich wieder in das weiße Auto steigen und nach Hause fahren. Zur Hölle mit Mia! Ist doch klar, dass das eine Falle ist. Aber es gibt keine andere Möglichkeit als die Flucht nach vorne.
Mein Angstschweiß lässt die VR-Brille von innen beschlagen
Mit bedächtigen Schritten nähere ich mich also der Villa. Der schlammige Boden schmatzt unter mir, irgendwo krächzen Vögel. Obwohl die Auflösung mit Playstation VR sehr pixelig ist, wirkt die Umgebung beklemmend. Ich spüre, wie mein Herz klopft. Mit dem linken Analogstick des Playstation-Controllers bewege ich mich vorwärts; Arme und Beine benötige ich in der Virtual Reality nicht. Ich kann mich mit Kopfbewegungen umgucken oder mit dem rechten Stick die Kamera stückweise rotieren lassen.
Das gusseiserne Eingangstor ist verschlossen. Das Spiel zwingt mich, den Trampelpfad links um das Haus herum zu gehen. Noch habe ich keinen Zombie gesehen, aber mir schlägt das Herz inzwischen bis zum Hals. Ich rechne jeden Moment damit, dass mich etwas von der Seite oder von hinten anfällt. "Resident Evil 7" ist an vielen Stellen aufgebaut wie ein Horrorspiel aus dem Lehrbuch: ein Loch im Zaun, davor ein verlassener Minivan, ein Schild mit blutroter Schrift: "Nimm ihre Gabe an". Aber es funktioniert, verdammt. Meine Sicht verschwimmt, ich setze die VR-Brille ab. Die Gläser der PSVR sind von innen beschlagen bevor irgendetwas passiert ist. Angstschweiß.
"Resident Evil 7" ist endlich wieder leiser Horror ohne übertriebene Action
Zuletzt setzte die "Resident Evil"-Serie vor allem auf actiongeladenes Zombiegeballer aus der Third-Person-Perspektive. Mit dem siebten Teil kehren die Entwickler von Capcom zur Ursprungsidee der Marke zurück: stiller Horror, ganz ohne Action und ein Feuerwerk an Schockeffekten. Man kann sich ganz wunderbar gruseln - oder schrecklich, wie man's nimmt.
In einem Kühlschrank, der offensichtlich mit Menschenfleisch gefüllt ist, winden sich Maden. Setting und Handlung sind ekelhaft, Gänsehaut und kalte Schauer sind bei "Resident Evil 7" mehr als nur Floskeln. Das kriege ich auch ohne virtuelle Realität mit, aber mit dem Headset auf dem Kopf ist die Immersion um einiges stärker. Das Spiel zeigt, was durch Virtual Reality in Videospielen möglich ist. Es tut gut, wenn ich beim Spielen Kontakt zu echten Möbeln halte. Nur für den Fall, dass ich vergessen sollte, wo ich mich in Wirklichkeit befinde.
Im Spiel muss ich mich jetzt konzentrieren: Ich habe meine Frau Mia kurz getroffen, doch nun ist sie erneut verschwunden. Das Telefon klingelt. Eine unbekannte Frau, sie nennt sich Zoe, will mir helfen. Ich soll zum Dachboden, dort kann ich das Haus verlassen. Endlich. Nur: Einen Weg nach oben gibt es nicht. "Resident Evil 7" ist voller Rätsel. Ich muss jeden Winkel des Hauses absuchen und das passende Werkzeug finden, bis ich mit einem Knopfdruck die Treppe zum Dachboden freigebe.
Je weniger Zombies ich treffe, desto mehr grusele ich mich
Dabei bin ich so auf diese Aufgabe fokussiert, dass ich meine Angst kurz vergesse. In dem Moment taucht Mia mit der Kettensäge auf. Erst säbelt sie mir die Hand ab, wenig später sägt sie mich in der Mitte auseinander. Beim ersten Mal sterbe ich nach wenigen Sekunden, beim nächsten Treffen bin ich gut vorbereitet und habe mittlerweile einen Revolver. Ein paar Schüsse in Mias Kopf und die Frau, die ich eigentlich retten wollte, lässt mich in Ruhe. Aus dem Haus fliehen kann ich natürlich trotzdem nicht.
Je weniger Zombies ich treffe, desto mehr grusele ich mich. Einmal bewege ich mich 20 Minuten durch die Horrorvilla, ohne irgendjemandem zu begegnen. Dann plötzlich, eine falsche Bewegung. Der nächste Untote stürzt sich auf mich. Alles andere erledigt das Warten auf diesen Zeitpunkt. Und das verdreckte Haus, herunterhängende Tapeten, zerbrochene Möbel, blutige Mülltüten, Tierkadaver, Kot und schummriges Licht. Zum Davonlaufen. Wenn das denn möglich wäre.
"Resident Evil 7: Biohazard" ist am 24. Januar für PC, Playstation 4 (mit Playstation VR spielbar) und Xbox One erschienen.