"World Wealth Report":Warum Reiche sehr gut durch die Krise kommen

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Nachtpanorama von Dubai: Viele Prominente entflohen hier dem Lockdown, manche bekamen sogar eine Impfung obendrauf. (Foto: Michael Abid/mauritius images)

Die Zahl der Millionäre ist während der Corona-Pandemie weiter gestiegen. Sie profitieren überdurchschnittlich vom Börsenboom.

Von Jan Diesteldorf, Frankfurt

Einfach mal raus aus der Corona-Tristesse, in Richtung Orient, wo das Meer schon im Januar warm genug ist und kein Ordnungsamt die Restaurants dichtmacht. Im Winter machten sich viele Prominente und Influencer auf den Weg nach Dubai und lächelten dort in die Kameras: Wer es sich leisten konnte, entfloh dem Lockdown. Manch einer buchte gleich den Luxustrip plus Impfung: Anfang des Jahres machte ein britischer Reiche-Menschen-Klub von sich reden, weil er seinen Mitgliedern drei Wochen Dubai inklusive Impfterminen anbot, exklusiv für umgerechnet 45 000 Euro - während Millionen älterer Bürger noch auf das Serum zu warten hatten.

Solche Anekdoten illustrieren, was alle schon ahnten: Wer vermögend ist, kommt besser, gesünder und offenbar auch schneller durch die Pandemie und hatte zuletzt auch bessere Chancen, sein Geld noch weiter zu mehren. Nach Berechnungen der Beratungsgesellschaft Capgemini stieg die Zahl der Dollarmillionäre weltweit im vergangenen Jahr wieder deutlich an. 20,8 Millionen Menschen hatten demnach ein siebenstelliges Vermögen, ein Plus von 6,8 Prozent im Vergleich zu 2019. Sie teilen sich der Erhebung zufolge knapp 80 Billionen Dollar an Vermögenswerten. Das entspricht fast der jährlichen weltweiten Wirtschaftsleistung von zuletzt 84,5 Billionen Dollar.

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Auch hierzulande stieg die Anzahl der Dollarmillionäre weiter an. Capgemini hat für das vergangene Jahr 1,535 Millionen von ihnen in Deutschland gezählt, ein Plus von knapp fünf Prozent im Jahresvergleich - während das Bruttoinlandsprodukt um 5,3 Prozent schrumpfte.

Für ihren zum 25. Mal erschienenen "World Wealth Report" haben die Berater 2900 Millionäre in 26 Ländern befragt, Manager von Banken und Fondsgesellschaften interviewt und zahlreiche Sekundärquellen mit einbezogen. Capgemini zählt dabei die sogenannten "High Net Worth Individuals" (engl.: Personen mit hohem Nettovermögen) mit einem investierbaren Vermögen von mehr als einer Million Dollar, wobei Hauptwohnsitz, Sammlerstücke, Verbrauchs- und Gebrauchsgüter unberücksichtigt bleiben.

Finanziell läuft es für die Reichsten bestens

Auch Banken, Versicherungen und andere Beratungsfirmen veröffentlichen derartige Vermögensstudien. Die darin enthaltenen Zahlen sind stets eher als Schätzungen denn als präzise Erhebungen zu verstehen. Sie geben aber eine Idee davon, wie es um die Reichen bestellt ist. So kommt der vorige Woche von der Schweizer Großbank veröffentlichte "Global Wealth Report" zu ähnlichen Schlussfolgerungen, rechnet aber mit völlig anderen Zahlen. Das weltweite Gesamtvermögen habe laut Credit Suisse im vergangenen Jahr um mehr als sieben Prozent zugelegt, heißt es in der Studie. Die Zahl der Dollar-Millionäre sei um gut zehn Prozent auf 56,1 Millionen gestiegen.

Finanziell lief es für den reichsten Teil der Weltbevölkerung trotz der Krise also bestens, was vor allem mit dem anhaltenden Börsenboom zu tun hat. Von dem profitieren die Menschen in den USA besonders: Im größten Aktienmarkt der Welt gibt es entsprechend viele Aktionäre, die Altersvorsorge ist weitgehend kapitalmarktgestützt. Die Zahl der Dollarmillionäre in den USA stieg laut Capgemini um mehr als zwölf Prozent. Der US-Aktienmarkt habe dabei wesentlich von den zwei Billionen Dollar an Staatshilfen und der expansiven Geldpolitik profitiert. Erstmals seit Jahren lag die Zahl der Dollarmillionäre in Nordamerika wieder über jener in der Region Asien-Pazifik.

In Europa hinterließ die Hausse an den Börsen mit einem Plus von 4,5 Prozent beim Vermögen der Millionäre etwas weniger Spuren, ein Minus verzeichnete lediglich Lateinamerika. International profitierten den Berechnungen zufolge die Superreichen mit einem Vermögen jenseits der 30 Millionen Dollar am meisten. Deren Zahl stieg den Capgemini-Berechnungen zufolge um fast zehn Prozent, ihr Vermögen um 9,1 Prozent. Die Credit Suisse war zuvor zu einem ähnlichen Schluss gekommen. Eine solche Krise als Chance zu begreifen, das muss man sich im Sinne dieser Phrase leisten können.

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