Reeder in Griechenland:Staatsschiff in sozialer Schieflage

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Bei den Reedern ist offenbar noch nicht angekommen, dass alle dazu beitragen müssen, wenn das griechische Staatsschiff nicht untergehen soll. (Foto: AFP)

45 Jahre genossen Reeder in Griechenland faktisch Steuerfreiheit. Im Stillen hat das Parlament dies jetzt mit einem Gesetz geändert. Die Einsicht kommt reichlich spät: Zwar zahlen die Reeder nun Steuern, aber die Zeche bleibt den Armen. Dafür sind auch die Retter aus der EU mit verantwortlich.

Ein Kommentar von Christiane Schlötzer

Es gibt Griechen, die anfangen, ihrem Staat erneut zu vertrauen. Sie holen ihr Geld wieder aus Kissen und Matratzen und bringen es zurück auf eine Bank. Es gibt Griechen, die haben dem Staat nie vertraut. Die dachten, das Geld, das sie verdienen, ist am besten bei ihnen selbst aufgehoben, oder auf Konten in der Schweiz und in Liechtenstein. Die Namen dieser Reeder finden sich auf der Liste von über 2000 Griechen, die ihr Geld in Genf bei der HSBC-Bank geparkt hatten. Sie waren nicht einmal Steuerhinterzieher, denn die griechische Verfassung gewährte ihnen seit 45 Jahren faktisch Steuerfreiheit.

Das soll sich nun ändern. Das griechische Parlament hat ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, der Finanzminister hat darauf gedrängt, die internationalen Geldgeber des Landes auch. Nun könnte man meinen, die Regierung in Athen würde diese Neuigkeit stolz aller Welt verkünden. Weit gefehlt. Die revolutionäre Regelung zur Tonnage-Steuer wurde vor ein paar Tagen schon in ein größeres Gesetzespaket verpackt und eher still durchgewinkt. So als habe die Regierung von Antonis Samaras Angst vor der eigenen Courage.

Der Präsident der Reedervereinigung rühmt sich denn auch, Schlimmeres verhindert zu haben. Dass alle dazu beitragen müssen, wenn das griechische Staatsschiff nicht untergehen soll, hat sich noch immer nicht herumgesprochen. Arbeitsplätze könnten verloren gehen, warnen die Großkapitäne der Meere, und vergessen schnell mal den Luxus, den sie sich seit Jahrzehnten genehmigen.

Auch den Rettern fehlte Courage

Die Kluft zwischen Arm und Reich hat in der griechischen Gesellschaft dramatische Ausmaße erreicht. Die Rettungsprogramme wirken inzwischen zwar, wenn man auf die nackten Etatzahlen blickt. Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds, erwartet gar, dass Griechenland schon 2016, früher als geplant, wieder Zugang zu den internationalen Finanzmärkten finden wird. Dann bedürfte es der Hilfe der EU nicht mehr. Schaut man aber in den Geldbeutel der Durchschnittsbürger, dann sieht die Lage düster aus. Hunderttausende können entweder ihre Mieten oder ihre Stromrechnungen und auch ihre Steuern nicht mehr bezahlen. Im Supermarkt ist die Milch nicht billiger geworden. Ein Drittel der Griechen arbeitet inzwischen in Jobs ohne Sozialversicherung.

Die soziale Schieflage des Rettungsprogramms bleibt ein Skandal, den auch die Retter mit zu verantworten haben. Ihnen fehlte auch Courage. Sie hatten nicht den Mut, den griechischen Politikern rechtzeitig die Meinung zu sagen. Das hätten sie schon vor einigen Jahren tun können, beispielsweise als Griechenland U-Boote und teure Überwachungselektronik für die Olympischen Spiele kaufte, die es sich schon damals nicht mehr leisten konnte. Lagarde hatte 2010, als französische Finanzministerin, Athen die Liste mit den Schweizer Konten reicher Griechen übergeben. Dass bis vor Kurzem nichts mit den brisanten Daten geschah, hat in Paris oder Brüssel auch niemand bemängelt. Jedenfalls hat man davon nichts gehört.

© SZ vom 19.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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