Reaktionen der Wirtschaft:Kollektive Trauer über FDP-Rauswurf

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Der Abschiedsschmerz ist groß: Wirtschaftsverbände bedauern die Wahlniederlage der FDP und machen sich Sorgen: Wer hat nun ein Ohr für die Anliegen der Oberlobbyisten der Wirtschaft?

Von Thomas Öchsner, Berlin

Am Anfang war die Lieblingskoalition. Als Union und FDP vor vier Jahren die Wahlen gewannen, bestellte die Wirtschaft lautstark Reformen. Die Steuern sollten runter, der Kündigungsschutz am besten weg, die bürokratischen Lasten kleiner und die Laufzeiten für die Kernkraftwerken länger werden. Die Messlatte war hoch, die Regierung versprach zu liefern. Und der Garant dafür sollte die FDP sein, doch die lieferte nicht - oder nicht genug.

Trotzdem ist der Abschiedsschmerz einen Tag nach der historischen Niederlage der Liberalen groß. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Zentralverband des Deutschen Handwerks, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), alle drückten ihr Bedauern über den Rauswurf der FDP aus dem Bundestag aus. DIHK-Präsident Eric Schweitzer sagt: "Ich halte das für kein gutes Zeichen." Er hätte die Liberalen als "Korrektiv" weiter gern im Parlament gesehen.

Ähnlich formuliert es Lutz Goebel, Präsident der Familienunternehmer: "Wir fürchten, dass nach dem Debakel der FDP dem nächsten Bundestag eine ordnungspolitische Kraft sehr fehlen wird." Goebel ist überzeugt, dass jetzt auf den Wirtschaftsflügel der Union, die Parlamentsgruppe Mittelstand, viel Arbeit zukomme.

Neuausrichtung der FDP nötig

Die Wunschliste der Wirtschaft ist wie 2009 groß. Der DIHK hat eigens 2000 Unternehmen befragen lassen, worauf es ihnen in Zukunft ankommt. Das Ergebnis: Die Energiewende soll bleiben, aber bitte mit bezahlbaren Strompreisen. Die Regierung möge die Steuern zumindest nicht erhöhen. In die Infrastruktur und in die Bildung soll viel mehr Geld fließen.

Egal ob ein schwarz-rotes oder schwarz-grünes Bündnis das Land lenkt - es ist eher unwahrscheinlich, dass die Oberlobbyisten der Wirtschaft in den nächsten vier Jahren mehr Gehör finden werden als unter einer schwarz-gelben Koalition. Der Gewerkschaftsbund fordert bereits, dass die neue Regierung endlich einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn einführt und "dem Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen konsequent einen Riegel vorschiebt".

Für die Wirtschaft ist das Teufelszeug, sie fürchtet ohne FDP eine Sozialdemokratisierung der Politik. Verbandspräsident Goebel sagt: "Die von Union, SPD und Grünen beabsichtigte Reglementierung der Lohnfindung und der Zeitarbeit wird vor allem Niedrigqualifizierten den Zugang in reguläre Beschäftigung erschweren und so die Langzeitarbeitslosigkeit wieder nach oben treiben."

Sicher ist: Was auch passieren wird, es findet ohne die Liberalen statt. Und die, sagt DIHK-Chef und das ehemalige FDP-Mitglied Schweitzer, "werden es nicht leicht haben, wieder in den Bundestag zu kommen". Dafür sei eine "Neuausrichtung" der Partei nötig.

© SZ vom 24.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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