Sportartikel:Das Phantom von Puma

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Natürlich in Puma-Jacke: Sonst hält sich der neue Unternehmenschef Arne Freundt noch sehr zurück. (Foto: Christoph Maderer)

Arne Freundt ist seit diesem Jahr der neue Vorstandschef von Puma. Doch über ihn ist nur wenig bekannt. Wer ist der Manager, der die Erfolgsgeschichte des Unternehmens fortschreiben soll?

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Als Arne Freundt Anfang November zum Chef des Sportartikelunternehmens Puma berufen wurde, ging das nahezu unter. Zu groß war die Überraschung über den Abgang von Amtsinhaber Björn Gulden, zu spektakulär war sein direkter Wechsel zum dreimal so großen Rivalen Adidas. Dass Freundt ihm an die Spitze des nach Nike und Adidas weltweit drittgrößten Sportartikelkonzerns folgte, geriet zur Nebensache. Womöglich war ihm das gar nicht so Unrecht. In seiner bisherigen Managerkarriere erweckte Arne Freundt nicht den Eindruck, dass es ihn auf die öffentliche Bühne drängt. "Eine Art Business-Phantom" nannte ihn die Nürnberger Zeitung.

Wer ist Freundt eigentlich, der nun einen Konzern mit immerhin mehr als sieben Milliarden Euro Umsatz und etwa 15 000 Beschäftigten führt?

Als sicher darf gelten: Die "Schockstarre", die Puma nach Guldens abrupten Abgang befiel, hat Arne Freundt, 42, nicht durchlebt. Zu eng waren er und der Norweger seit Jahren, zu erkennbar war es für Insider schon länger, dass Gulden Freundt als seinen Nachfolger aufbaut. Für wann auch immer. Kaum vorstellbar, dass der Mentor seinen Zögling über seine Wechselpläne im Ungewissen ließ.

Darauf deutet auch der reibungslose Übergang hin. Einher mit Guldens Weggang nach neun Jahren gab der Puma-Aufsichtsrat Freundts Beförderung bekannt. Der sei "eine anerkannte Führungspersönlichkeit des Unternehmens", trage sogar "die Puma-Familie im Herzen" und sei damit "der designierte Kandidat und die ideale Wahl, um den sehr erfolgreichen Weg von Puma fortzusetzen und das Momentum des Unternehmens weiter zu beschleunigen", erklärte Héloïse Temple-Boyer, Vorsitzende des Aufsichtsrats der Puma SE. Freundt übernahm das Amt anstelle des freigestellten Gulden mit sofortiger Wirkung; sein eigentlicher Vertrag als Vorstandschef läuft seit 1. Januar.

Der Neue an der Spitze ist immer "auf Ballhöhe", heißt es

"Arne ist im Umgang ein guter Typ, außerdem ein guter Stratege, analytisch und durchsetzungsstark, schnell und klar in seinen Entscheidungen", sagt einer, der länger mit Freundt gearbeitet hat. Ein Nordlicht, das seine Studien an der Hochschule für Wirtschaft und Recht im hessischen Oestrich-Winkel begann und später in Leipzig abschloss. Anschließend heuerte Freundt als Projektmanager bei Siemens Management Consulting in München an. Von dort wechselte er 2011 nach Herzogenaurach, um als Nachfolger des zum Vorstandsvorsitzenden beförderten Franz Koch Strategiechef von Puma zu werden.

Als Koch seinen Posten nach nicht einmal zwei Jahren räumte und Gulden kam, blieb Freundt noch bis 2015 in seinem Amt. Anschließend kümmerte er sich um das Einzelhandelsgeschäft und den E-Commerce, 2019 wurde er für Europa, den Mittleren Osten und Afrika zuständig, ehe er im Juni 2021 in den Konzernvorstand berufen wurde. "Er lief sich in all diesen Positionen warm, sammelte breite Erfahrungen in verschiedenen Spielfeldern, war überall auf Ballhöhe und wird daher als Vorstandschef keine Aufwärmzeit brauchen", glaubt ein altgedienter Pumaner.

Marokko war das Überraschungsteam bei der Fußball-WM - und spielte in Puma-Trikots (in rot). (Foto: PAUL ELLIS/AFP)

Es sind erstaunliche Parallelen zu Franz Koch, die sich bei alledem zeigen. Auch der hatte als Strategiechef an Konzepten für die Zukunft gearbeitet, ehe er den Sprung ganz nach oben schaffte. Und doch gibt es zwei wesentliche Unterschiede: Koch übernahm Puma zu einer Zeit, als die Marke mit der Raubkatze als Logo schwächelte. Sein zuständiger Ober-Aufseher war ausgerechnet Jochen Zeitz, unter dem Puma nach erfolgreichen Jahren in die Krise gerutscht war. Was immer Koch auch korrigierte - er korrigierte damit Altmeister Zeitz, der nach wie vor als sein Vorgesetzter durch die Puma-Welt geisterte. Eine undankbare Konstellation. Arne Freundt hingegen startete aus einer anderen Ausgangsposition. Sein Vorgänger hat das Unternehmen verlassen und gibt nicht den Oberschiedsrichter; Freundt muss also keine Rücksichten nehmen. Und der größte Unterschied: Puma steht prächtig da.

Das erleichtert Freundt einerseits den Start; es gibt aktuell keine Großbaustellen im Unternehmen, um die er sich kümmern müsste. Die freundlichen Worte, die Björn Gulden ihm zum Abschied hinterherrief, sind aber auch eine Bürde. "Arne hat mit mir neun Jahre direkt zusammengearbeitet, hat die Strategie mit aufgesetzt und wichtige Entscheidungen mitgetroffen und hat einen großen Beitrag zu Pumas Erfolg geleistet", so Gulden. "Er kennt meine Stärken und Schwächen und ich bin mir sicher, dass er einen noch besseren Job machen wird als ich." Das klingt nett, bedeutet aber auch, dass Arne Freundt vom ersten Tag an Guldens Erfolgen gemessen wird. Der hatte in neun Jahren den Umsatz von Puma mehr als verdoppelt, die verlorene Relevanz der Marke im Sport zurückerobert und zugleich unter Mitarbeitern, prominenten Testimonials und Puma-Markenfans ein "Wir"-Gefühl entfacht. Die Erwartungen sind enorm. Noch schweigt Arne Freundt zu alldem. Erst bei der Bilanzpressekonferenz am 1. März will er sich äußern. Es ist der Tag, an dem er endgültig aus dem Schatten treten muss.

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