Hat Athen überhaupt ein Recht auf ein drittes Hilfsprogramm? Diese Frage müssen nicht nur die Euro-Finanzminister bei ihrer Sitzung beantworten, es geht vor allem um klare rechtliche Kriterien, die erfüllt werden müssen. Ob dies der Fall ist, sollten EU-Kommission und Europäische Zentralbank prüfen.
Nun haben die beiden Institutionen eine erste Analyse angefertigt, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Das Papier dürfte für Streit sorgen, viele Fragen sind Auslegungssache.
Kommission und EZB haben geprüft, ob die Situation in Griechenland die Stabilität der Euro-Zone als Ganzes gefährdet. In ihrer Analyse kommen sie zu dem Schluss, dass ohne eine ESM-Hilfe die finanziellen Risiken für Griechenland nicht beherrschbar wären und die Banken kollabieren würden.
Dramatische Verschlechterung seit Anfang des Jahres
Die Regierung in Athen hat beim Euro-Rettungsfonds ESM ein Hilfspaket für drei Jahre beantragt. Damit dieses genehmigt wird, kommt es darauf an, dass Griechenland die Voraussetzungen des Artikels 13 des ESM-Vertrags erfüllt. In dem Papier wird vorgerechnet, dass Athen in den kommenden drei Jahren eine Finanzierungslücke von 74 Milliarden Euro aufweist. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht die Situation sogar noch dramatischer und geht von zusätzlichen vier Milliarden Euro aus.
In ihrer Analyse beschreiben EU-Kommission und EZB die dramatische Verschlechterung seit Anfang des Jahres. Bis Ende Mai wurden 30 Milliarden Euro von griechischen Bankkonten abgehoben. Kein Wunder, dass deshalb seit 29. Juni die Kreditinstitute geschlossen sind. Ohne die Nothilfen der EZB könnten sie gar kein Geld mehr auszahlen; zurzeit können die Bürger lediglich 60 Euro am Tag von ihrem Konto abheben.
Ansteckungsgefahr ist zentraler Streitpunkt
Ohne eine ESM-Hilfe sei eine Zahlungsunfähigkeit des griechischen Staates "sehr sicher". Die Banken müssten dann nicht nur geschlossen bleiben - sie könnten ihren Kunden überhaupt kein Geld mehr auszahlen. Sollte dieses Szenario eintreffen, schreiben die Autoren des Papiers, würde der gesamte Bankensektor kollabieren und die Volkswirtschaft in unwägbare Schwierigkeiten stürzen. "Griechische Bürger würden einen signifikanten Einkommensverlust erleiden", heißt es in dem Papier.
Im Vergleich zur gesamten Euro-Zone sei Griechenland zwar relativ klein - der Beitrag zur Wirtschaftsleistung liegt bei lediglich 1,77 Prozent. Aber der Zusammenbruch des griechischen Bankensystems würde negative Konsequenzen für die gesamte Euro-Zone mit sich ziehen - auch andere EU-Mitgliedsstaaten wären davon betroffen, besonders Bulgarien, Zypern und Rumänien, behaupten die Autoren. Das ist der zentrale Streitpunkt. In der Euro-Zone gehen viele davon aus, dass genügend Vorkehrungen getroffen worden sind, um eine Ansteckungsgefahr durch die griechische Krise zu verhindern.
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Sollte die Euro-Gruppe beschließen, dass mit Griechenland wieder verhandelt wird - was muss die Regierung in Athen dann leisten?
Welche Rolle der IWF bei einem möglichen dritten Hilfspaket spielen wird, können EU-Kommission und EZB nicht bewerten. Ein Beitrag des Weltwährungsfonds ist aber nach wie vor das erklärte Ziel der Bundesregierung - ohne ihn, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel immer wieder betont, werde es kein neues Rettungspaket geben.