Der deutschen Energiewende droht ein Rückschlag beim Ausbau des Ökostroms. In einem Schreiben an die Bundesregierung warnt Tennet, einer der vier großen deutschen Stromnetzbetreiber, vor Engpässen bei der Anbindung neuer Windparks zur See. Die Errichtung von Anschlüssen sei "in der bisherigen Form nicht länger möglich", heißt es in einem Brief der Tennet-Geschäftsführung an Kanzleramt, Umwelt- und Wirtschaftsministerium. Wegen der "ständig steigenden Zahl von Anschlusspetenten" stießen alle Beteiligten an die Grenzen ihrer Ressourcen. "Hinzu kommen massive Probleme bei der Beschaffung des notwendigen Kapitals."
Der Ausbau der Windenergie zur See zählt zu den Eckpfeilern des schwarz-gelben Energiekonzepts. Bis 2030 sollen 15 Prozent des deutschen Strombedarfs zur See gedeckt werden. Für die enorm kapitalintensive Anbindung der Windparks an das Festlandnetz haben die Netzbetreiber feste Fristen. "Tatsächlich gibt es in sämtlichen laufenden Projekten erhebliche Schwierigkeiten im Planungs- und Baufortschritt", warnt Tennet. Selbst Lieferanten könnten ihre Termine derzeit kaum noch einhalten.
Das niederländische Unternehmen betreibt das frühere Eon-Netz und muss alle Windparks in der Nordsee anschließen. Derzeit arbeitet es an acht Kabeln. Nötig sei ein "geordneter Offshore-Netzausbau- und Entwicklungsplan", fordert Tennet nun. Auch müsse die Finanzierungslast auf mehr Schultern verteilt werden. Dagegen forderten die Grünen, die Anbindung neuer Windparks künftig auszuschreiben. "Wenn Tennet den Offshore-Ausbau nicht schultern kann, müssen andere ran", sagte die Grünen-Energiepolitikerin Ingrid Nestle.
Die Netzbetreiber selbst rechnen inzwischen für 2016 mit vier Prozent Windstrom vom Meer im deutschen Erzeugungsmix. Das geht aus der neuen Mittelfristprognose für die Ökostrom-Einspeisung hervor. Demnach werden bis 2016 rund 31 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Die Umlage, mit der Stromkunden den Ausbau mitfinanzieren, steige 2013 voraussichtlich auf 3,66 bis 4,74 Cent je Kilowattstunde. Einen Haushalt mit 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch kostet dies zwischen 128 und 166 Euro im Jahr. Verbraucherschützer und Unionspolitiker forderten eine Reform der Umlage. Andernfalls drohe sie Haushalte und Industrie zu überfordern.