Porsche: Wiedeking:Der Fehler von Zuffenhausen

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Die VW-Idee war hochriskant, der Plan ging nicht auf: Der Porsche-Chef muss gehen - und zwar ohne Millionen-Euro-Verabschiedungsprämie.

Caspar Busse

Wer Verantwortung trägt und Großes leistet, wird meistens gut bezahlt - das ist in den Chefetagen der Wirtschaft nicht anders als im Sport. Verantwortung heißt im Wortsinn auch "verantwortlich sein", also die Konsequenzen seines Handelns tragen.

Porsche-Chef Wendelin Wiedeking war über Jahre sehr erfolgreich - doch nun hat er sich verzockt. (Foto: Foto: AP)

Der Grat zwischen Himmel und Hölle ist dabei schmal: Wem schwerwiegende Fehler unterlaufen, muss die Folgen tragen und ist im schlimmsten Fall auch seinen Posten los - ganz gleich, was er vorher geleistet hat. Das gilt im Sport und in der Politik, aber gilt es auch in der Wirtschaft?

Der Porsche-Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking ist ohne jeden Zweifel ein sehr erfolgreicher Automanager, vielleicht einer der fähigsten in Deutschland. Er hat den kleinen Sportwagenhersteller aus Zuffenhausen in den neunziger Jahren in einer existenzgefährdenden Krise übernommen und ihn mit großem persönlichen Einsatz zu einem der besten Autobauer der Welt gemacht. Und er hat dann mit Weitsicht erkannt, dass es Porsche im härter werdenden internationalen Wettbewerb alleine vielleicht nicht schaffen wird. Die Idee Wiedekings war bestechend: Porsche und Volkswagen sollten sich zusammentun. Nicht nur, weil sich der Luxushersteller und der Großkonzern gut ergänzen würden, sondern auch wegen der engen Familienbande: Porsche-Eigentümer Piëch ist Aufsichtsratsvorsitzender in Wolfsburg.

Doch Wiedeking unterlief ein folgenschwerer Fehler, so schlimm, dass man ihn nicht einfach wegwischen kann. Der Porsche-Chef, selbstbewusst, fast selbstgerecht, vielleicht geblendet von seinen großen Erfolgen, ersann zusammen mit seinem Finanzchef einen hochriskanten Plan, wie der kleine Sportwagenhersteller den um ein Vielfaches größeren VW-Konzern übernehmen sollte. Wiedeking spielte mit einem überaus komplizierten Finanzkonstrukt an den Finanzmärkten Roulette - und verlor. Heute hat Porsche zehn Milliarden Euro Schulden und sucht verzweifelt Rettung. Das Unternehmen steht da, wo es bei Wiedekings Amtsantritt stand: am Abgrund.

Wiedeking ist deshalb als Porsche-Vorstandsvorsitzender nicht mehr tragbar. Die Erfolgssträhne war gestern, sie ist kein Freifahrtschein für morgen. Das ist anderswo keine neue Erkenntnis: Im Fußball wurde ein Erfolgstrainer wie Otmar Hitzfeld, der mit dem FC Bayern München alles gewann, was es zu gewinnen gab, schnell abgelöst, als keiner mehr an ihn glaubte.

Wie auch immer der Kampf um Porsche und VW am Ende ausgehen wird - Wiedeking ist gescheitert, da hilft kein Lamentieren. Der Automanager war seit Jahren mit hoher Geschwindigkeit auf der Überholspur unterwegs. Doch dann geriet er aus der Spur und baute einen folgenreichen Unfall. Seit Monaten ist ein Spektakel zu besichtigen, wie es in der deutschen Wirtschaftsgeschichte noch nie zu erleben war. Die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch bekämpfen sich heftig, das Image leidet. Die verzweifelte Suche Wiedekings nach einem Investor aus Arabien und das demütigende Ansinnen auf staatliche Unterstützung waren in Wahrheit schon das Eingeständnis einer großen Niederlage.

Wiedeking kann sich nicht darauf berufen, dass vieles gegen ihn lief. Natürlich geriet er zwischen die Fronten eines heftigen Familienstreits der Porsches gegen die Piëchs. Natürlich bewirkte die weltweite Finanzkrise nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers, dass auch Porsche keine neuen Kredite mehr bekam und in arge Bedrängnis geriet. Natürlich kamen dazu noch die aktuellen Probleme der Autoindustrie, deren Umsätze plötzlich einbrachen und Weltkonzerne wie General Motors und Chrysler an den Rand des Zusammenbruchs brachten. Porsche als Nischenhersteller spürt die Krise besonders heftig. Dazu kommt: Auch das VW-Gesetz, das dem Aktionär Niedersachsen besondere Rechte garantiert, kippte nicht, worauf Wiedeking spekuliert hatte.

Aber wahr ist auch: Der Übernahmeplan für Volkswagen war schlicht zu riskant. Er hätte, wenn überhaupt, ohnehin nur unter günstigeren Bedingungen und mit viel Glück gelingen können. Einmal mehr hat sich hier ein Manager, dem lange alles gelang, offenbar überschätzt. Erinnerungen werden wach, beispielsweise an Jürgen Schrempp, der mit der Fusion von Daimler und Chrysler eine "Hochzeit im Himmel" schließen wollte und am Ende viele Milliarden Euro vernichtete.

So weit darf es Wiedeking nicht kommen lassen. Er könnte vermutlich bei einem Abschied auf die Auszahlung seines Vertrags beharren, der noch bis 2012 läuft. Pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten, das muss auch für einen wie Wiedeking gelten, der nicht in die Kasse gegriffen, sondern am Ende lediglich zu riskant gewirtschaftet hat. Der Manager, der sich immer wieder zu Fragen von Politik und Kultur geäußert hat, täte gut daran, die Stimmung im Land zu berücksichtigen. Spätestens seit der Finanzkrise steht die Wirtschaftselite am Pranger. Eine Abschlusszahlung in Höhe eines womöglich dreistelligen Millionenbetrags, über die spekuliert wird, wäre nicht zu vermitteln. Wiedeking würde seiner besonderen Verantwortung gerecht, wenn er auf Ansprüche ganz oder teilweise verzichten würde.

© SZ vom 17.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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