Porsche und Piëch:Der verkrachte Clan

Lesezeit: 2 min

Volkswagen schickt sich an, der größte Autohersteller der Welt zu werden - doch der Konzern wird geführt wie ein Gutshof. Die Familien Porsche und Piëch sind ein Risiko.

Karl-Heinz Büschemann

Der Machtkampf zwischen Porsche und Volkswagen um die Zukunft von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking mag einigen Unterhaltungswert haben. Nur selten bekommt das Publikum die Hinrichtung eines Wirtschaftsbosses sozusagen auf dem Marktplatz zu sehen.

Wolfgang Porsche (rechts) und Ferdinand Piëch. Ein Großaktionär bietet gewöhnlich Vorteile - doch im Falle der Familie Porsche-Piëch ist das anders. (Foto: Foto: dpa)

Indes ist die Frage, wann der bestbezahlte deutsche Firmenchef seinen Job verliert, völlig nebensächlich. Der fällt im Zweifelsfalle weich, wird mit dicker Abfindung nach Hause geschickt und ruhiggestellt.

Die Personalie um den schillernden Manager lenkt vom eigentlichen Vorgang ab, davon, dass in Zukunft die Familie Porsche-Piëch, der bisher nur der Sportwagenhersteller aus Zuffenhausen gehört, in Zukunft auch bei VW de facto das Sagen hat, weil die Sippe die Hälfte des Aktienkapitals von VW hält.

Dabei ist völlig unwichtig, ob Volkswagen jetzt Porsche kauft oder ob die Sache umgekehrt laufen wird. Entscheidend ist, dass diese Sippe einen Konzern befehligt, der 360.000 Beschäftigte hat und mehr als sechs Millionen Autos im Jahr baut.

Üblicherweise bietet ein Großaktionär deutliche Vorteile. BMW ist mit der Familie Quandt, die etwas weniger als 50 Prozent an dem Münchner Autohersteller hält, bislang gut gefahren. Diese Familie denkt langfristig und gibt dem Management Ruhe für notwendige strategische Entscheidungen.

Im Falle von VW liegen die Dinge anders. Dieser Clan wird dem Wolfsburger Konzern nicht die Ruhe bringen. Dazu ist er viel zu zerstritten. Der seit Monaten schwelende Streit über das Vorgehen von Porsche bei VW belegt, dass in dieser Familie Entscheidungen, die das Schicksal ganzer Regionen im In- und Ausland betreffen, von dem abgrundtiefen Misstrauen der Porsches gegenüber den Piëchs geprägt sind, das diese Clans von Milliardären schon seit Jahrzehnten spaltet.

Das kann für VW nicht gut sein. Dieser Konzern schickt sich an, der größte Autohersteller der Welt zu werden, er wird im Grunde aber geführt wie ein Gutshof. Ferdinand Piëch, der von 1993 bis 2002 der Vorstandsvorsitzende von VW war und der heute den Aufsichtsrat leitet, hat viel zu viel Macht in dem Konzern.

Er hat in anderthalb Jahrzehnten den Wolfsburger Riesen ganz auf sich zugeschnitten. Er führt VW autokratisch mit wenigen Vertrauten und wenn es ihm nützt, verbündet er sich mit den Arbeitnehmern im Aufsichtsrat gegen die restlichen Anteilseigner.

Er gewährt ihnen Vergünstigungen und bekommt in undurchsichtigen Abmachungen dafür das Plazet für teure Spinnereien. So hat er es bei der Entwicklung der Luxuslimousine Phaeton gemacht, die zum Flop wurde, und beim 1000 PS-Rennwagen Bugatti Veyron, der nichts anderes ist als ein Hobby des Alten.

Piëch hat sich um VW große Verdienste erworben. Der Enkel des Käfer-Erfinders Ferdinand Porsche ist ein fähiger Ingenieur, und er hat die Energie durchzusetzen, was er für richtig hält. Piëch hat das Unternehmen 1993 in einer kritischen Situation übernommen, die Qualität der Autos verbessert und die Technologie der Motoren nach vorne gebracht. Dass VW in der Krise besser aussieht als die Konkurrenz, ist auch sein Verdienst.

Aber es ist ein großer Mangel, dass VW keine klare Führungsstruktur und -kultur hat, die von Personen unabhängig ist. Fiele Piëch morgen ein Ziegelstein auf den Kopf, wäre VW für lange Zeit paralysiert. Viele Mitarbeiter wüssten nicht, was sie ohne die Vorgaben von Piëch tun sollten. Mit seiner Dominanz hat der Alte, wie er bei VW respektvoll und ergeben genannt wird, ganze Führungsebenen im Konzern entmündigt.

Erst recht stellt sich die Frage, was nach Piëch passiert. Der Mann ist 72 Jahre alt und hat zwölf Kinder. Schon bald werden bei VW Heerscharen von Erben der Piëchs und der Porsches die Verantwortung tragen. Das ist eine Gefahr. Wenn sich die Großclans schon heute nicht grün sind, wie werden sich die Erben erst fetzen, wenn sie sich demnächst in ungezählte Untergruppen aufgespalten und entscheidungsunfähig gemacht haben?

Mit der Bildung des Porsche-VW-Konzerns und dem wahrscheinlichen Rausschmiss von Wiedeking ist die Krise bei VW nicht zu Ende.

© SZ vom 21.7.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Porsche und Volkswagen
:Der große Showdown

"Medienkrieg", "Mobbing", "Klappe halten": Der Nervenkrieg um die Macht bei Porsche steht vor der Entscheidung - und die Kontrahenten beharken sich mit verbalen Attacken. Die jüngsten Ereignisse in Bildern.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: