Übernahme durch VW:Porsche-Entscheid wird zur Geduldsprobe

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Es galt als ausgemacht, dass die Entscheidung im Übernahmepoker zwischen VW und Porsche in dieser Woche fallen soll. Doch nun verzögert sich der Beschluss offenbar.

Die langersehnte Entscheidung fällt offenbar doch nicht in dieser Woche: Der erwartete Einstieg von Volkswagen bei Porsche wird möglicherweise nicht bei der Aufsichtsratssitzung am kommenden Donnerstag endgültig besiegelt. Bislang stehe der Verkauf nicht auf der Tagesordnung, hieß es am Montag in Stuttgart aus Kreisen aus dem Umfeld des Porsche-Kontrollgremiums. Eine Entscheidung könnte bei der regulären Aufsichtsratssitzung am 29. Juli fallen.

Die Unsicherheit um Porsche wächst, doch Entscheidungen fallen in dieser Woche möglicherweise wieder nicht. (Foto: Foto: AP)

VW will die Macht bei dem Sportwagenhersteller in zwei Schritten komplett übernehmen, wie es in Medienberichten am Wochenende hieß.

Demnach kaufen die Wolfsburger zuerst 49,9 Prozent der Porsche AG und später die restlichen Anteile. Die Porsche-Holding, unter deren Dach der Sportwagenhersteller und auch die Mehrheitsanteile an VW stehen, soll für die Aktiengesellschaft acht Milliarden Euro erhalten und damit ihre Schulden größtenteils tilgen können. Niedersachsen soll auch künftig mit 20 Prozent beteiligt sein und das Emirat Katar mit einem Paket zwischen 14,9 und 19,9 Prozent.

"Gierlappen"

Am Ende des Verschmelzungsprozesses dürfte aber für den bisherigen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking kein Platz mehr sein. Wiedeking sei trotz der heftigsten Attacken der vergangenen Tage aber noch im Amt, sagte ein Sprecher am Montag. Eine Sitzung des Präsidialausschusses des Porsche-Aufsichtsrates, in dem über die Absetzung des Managers entschieden würde, sei noch nicht anberaumt worden. Das vierköpfige Gremium kann jedoch ohne lange Vorlaufzeit zusammenkommen und Personalentscheidungen treffen.

SPD-Vizefraktionschef Joachim Poß kritisierte die mögliche Abfindung in Millionenhöhe für Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, falls dieser im Zuge der Transaktion seinen Hut nehmen muss. "Der Mann hat objektiv versagt und Milliarden in Sand gesetzt", sagte Poß der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Diese Gierlappen sind dabei, die Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft zu zerstören."

Wiedeking bedauerte unterdessen den Kreditantrag bei der staatlichen Förderbank KfW. Porsche hatte diesen gestellt hatte, um den hohen finanziellen Druck etwas abzumildern. "Im Nachhinein muss ich feststellen, dass es ein Fehler war, den KfW-Kredit zu beantragen", sagte Wiedeking dem Magazin Cicero. "Wir hätten es in unser Kalkül einbeziehen müssen, dass unser Antrag direkt in den Wahlkampf läuft."

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer betonte, er erwarte, "dass die Entscheidungsträger die gesellschaftlich möglicherweise explosive Wirkung außer Rand und Band geratener Abfindungen bedenken".

Die erwartete Übernahme von Porsche durch VW brachte unterdessen die Aktien beider Unternehmen an der Börse kräftig unter Druck. Die Stammaktien des Wolfsburger Autoherstellers brachen bis zum Mittag am Dax-Ende um 7,4 Prozent auf 231,50 Euro ein, während der deutsche Leitindex um 1,45 Prozent auf 5051 Punkte zulegte. Die Vorzüge von Porsche verloren gleichzeitig im CDax 5,04 Prozent auf 49,28 Euro.

"Ganzes Bündel von Belastungsfaktoren"

Händler verwiesen mit Blick auf die nun erwartete Übernahme wesentlicher Anteile an Porsche auf ein ganzes Bündel von Belastungsfaktoren. So bezeichnete ein Händler die verzögerte Entscheidungsfindung als "Enttäuschung".

Außerdem wird die Transaktion offenbar teurer als gedacht. Informationen der Bild-Zeitung zufolge ist Porsche mit 14 Milliarden Euro verschuldet - bislang waren Branchenkenner von zehn Milliarden ausgegangen.

"Zudem wird damit gerechnet, dass Porsche auf Grund der vielschichtigen Finanzprobleme wohl doch einen Teil der VW-Beteiligung verkaufen muss", ergänzte Andreas Lipkow, Händler bei der mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank. Das könnte wegen eines befürchteten Aktienüberhangs auf VW-Aktien drücken.

Egal welche Lösung angestrebt werde, schwebe zudem das mögliche Steuerproblem über dem Sportwagenhersteller, das die Situation weiter verschärfe.

Der Süddeutschen Zeitung zufolge könnte die Übernahme von Porsche durch VW noch an den Finanzbehörden scheitern. Bei dem Geschäft drohen der Zeitung zufolge mögliche Steuerzahlungen in Höhe von bis zu drei Milliarden Euro. Es werde nach Wegen gesucht, die Zahlungen an den Fiskus zu vermeiden, gelinge das nicht, dann "ist der Deal hinfällig", hörte die SZ aus Aufsichtsratskreisen von Porsche.

Analyst Daniel Schwarz von der Commerzbank kommentiert unterdessen den Spiegel-Bericht zum Acht-Milliarden-Angebot von VW für das Sportwagengeschäft von Porsche als "eindeutig positive Lösung für Porsche". Damit könne die mittlerweile schwache Bilanz mit VW-Geld aufpoliert werden. Aber selbst in diesem Fall bestünde mehr Abwärtsrisiko als Aufwärtspotential für die Aktie. Schwarz ließ sein Porsche-Votum auf "Reduce" mit dem Ziel 39,00 Euro.

Streit innerhalb der CDU

Politisch erzeugte die sich abzeichnende Übernahme von Porsche durch VW ebenfalls Spannungen. Baden-Württembergs CDU-Generalsekretär Thomas Strobl warf dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) mittelstandsfeindliche Politik vor. "Wir sind nicht erfreut, wenn ein Ministerpräsident, der über den Länderfinanzausgleich auch von den Steuerzahlungen unserer Mittelständler profitiert, gegen eben diese Mittelständler Politik macht", wurde Strobl von der Berliner Zeitung zitiert.

Zudem habe Wulff seine Kompetenzen überschritten, indem er als VW-Anteilseigner einen Einstieg des Emirats Katar bei Porsche verhindert habe. "Industriepolitik hat ihre Grenzen." Wenn ein Kredit aus dem Ausland anstehe, gehe das Herrn Wulff nichts an.

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