Machtkampf um Porsche:"Wiedeking kann nicht bleiben"

Beim Sportwagen-Hersteller Porsche ist die Ablösung von Konzernchef Wendelin Wiedeking offenbar nur noch eine Frage der Zeit. Nach SZ-Informationen will man ihn zur Aufgabe bewegen.

Klaus Ott

Wenige Tage vor einer entscheidenden Aufsichtsratssitzung bei Porsche in Stuttgart gerät der angeschlagene Vorstandschef Wiedeking weiter unter Druck. "Wiedeking ist nicht zu halten", erfuhr die Süddeutsche Zeitung aus Aufsichtsratskreisen. "Er kann nicht bleiben. Wenn er klug ist, dann geht er von sich aus."

Wendelin Wiedeking

"Wiedeking ist nicht zu halten", erfuhr die

Süddeutsche Zeitung

aus Aufsichtsratskreisen.

(Foto: Foto: dpa)

Größter Gegner von Wiedeking im Aufsichtsrat ist Ferdinand Piëch, der Sprecher der Familie Piëch, die zusammen mit der Familie Porsche alle Stammaktien des Sportwagen-Herstellers besitzt. Wolfgang Porsche, Oberhaupt seiner Familie und Aufsichtsratschef, hatte zwar am Freitagabend Meldungen über eine Ablösung von Wiedeking entschieden dementiert.

In Aufsichtsratskreisen wird das nach SZ-Informationen aber als taktisches Manöver eingeschätzt. Wolfgang Porsche wolle nicht als derjenige dastehen, der den lange Zeit erfolgreichen Konzernchef opfere, sondern setze darauf, dass Wiedeking offiziell den ersten Schritt tue und seinen Rückzug anbiete.

Übergangskandidat für Konzernspitze

Wolfgang Porsche hatte Freitagabend erklärt, er weise Berichte über eine Ablösung von Wiedeking durch den Produktionschef des Unternehmen, Michael Macht, entschieden zurück.

Der Spiegel hatte gemeldet, Wiedeking werde durch Macht ersetzt. Aus Aufsichtsratskreisen heißt es dazu, die Familien Porsche und Piëch hätten bereits Überlegungen über einen Nachfolger des Konzernchefs angestellt. Dabei habe man auch die Idee erörtert, Macht zum Vorstandschef zu machen. Diese Personalie sei aber "noch nicht spruchreif". Nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen wäre Macht nur ein "Übergangskandidat".

Stärkste Stütze von Wiedeking ist Uwe Hück, Betriebsratschef und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei Porsche. Wiedeking werde Vorstandschef bleiben, erklärte Hück am Freitagabend. Er spreche im Namen aller acht Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Porsche AG.

Die Entscheidung über Wiedekings Zukunft fällt aber nicht in der Porsche AG, die sich um das Geschäft kümmert, also Entwicklung, Bau und Vertrieb der Sportwagen. Was aus dem Konzern dessen bisherigem Vorstandschef wird, entscheidet sich vielmehr in der Konzernholding, also der Dachgesellschaft Porsche SE.

VW will einsteigen

Der Aufsichtsrat der Porsche SE trifft sich kommenden Donnerstag in der Nähe von Stuttgart. Wichtigster Tagesordnungspunkt ist der "Abschluss einer Grundlagenvereinbarung" mit VW.

Der Wolfsburger Autobauer soll mit 49 Prozent ein Porsche SE einsteigen und den Stuttgarter Sportwagen-Hersteller auf diese Weise aus dessen Finanznot befreien. Wiedeking hatte sich beim Versuch verspekuliert, VW zu übernehmen. Porsche besitzt inzwischen zwar die Aktienmehrheit an VW, ist aber mit zehn Milliarden Euro verschuldet.

Käme es zum Einstieg von VW bei Porsche und später womöglich, wie der Spiegel meldet, sogar zu einer kompletten Übernahme, dann müsste Wiedeking ohnehin gehen. Einflussreiche VW-Kreise haben bereits deutlich gemacht, dass Wiedeking in einem gemeinsamen Unternehmen keinen Platz habe.

Dazu zählen Niedersachsen Ministerpräsident Christian Wulff, Ferdinand Piëch und der Konzernbetriebsrat. Niedersachsen ist Großaktionär bei VW. Wulff gehört dem VW-Aufsichtsrat an, der von Ferdinand Piech geleitet wird. Das VW-Kontrollgremium will am Donnerstag bei einer Sondersitzung um 12 Uhr in Stuttgart einer "Grundlagenvereinbarung" mit Porsche zustimmen.

Die Gegner des Vorstandschefs

Um 16 Uhr trifft sich dann der Aufsichtsrat der Porsche SE. Dort hat Wiedeking nicht nur Ferdinand Piëch gegen sich, sondern auch Teile des Arbeitnehmerflügels.

Dem Kontrollgremium gehören die Betriebsratschefs von VW und der VW-Tochter Audi und Vertreter der IG Metall an, die zum Teil erklärte Gegner von Wiedeking sind. Insofern hat der Konzernchef im Aufsichtsrat der Dachgesellschaft Porsche SE einen schweren Stand, anders als bei deren Tochtergesellschaft Porsche AG. Dort gehören nur Arbeitnehmervertreter aus Stuttgart dem Kontrollgremium an.

Das ist gewissermaßen ein Heimspiel für Wiedeking. Maßgeblich ist aber die Porsche SE, in dem die Stuttgarter Betriebsräte nur schwach vertreten sind, im Gegensatz zur Porsche AG. Diese Manko wollen die Betriebsräte offenbar mit Kampfmaßnahmen ausgleichen.

Laut Focus wird in Kreisen der Arbeitnehmer-Vertreter erwogen, den Betrieb zu besetzen und zu bestreiken, um eine Übernahme durch VW und eine Ablösung von Wiedeking zu verhindern.

Nach Informationen der SZ hat Wolfgang Porsche, der eine Schlüsselrolle spielt, zusammen mit einem Vertreter der Familie Piëch bereits vor mehreren Tagen vertraulich die Lage mit Wiedeking erörtert.

Die beiden Familienvertreter sollen Wiedeking mitgeteilt haben, sie seien für einen Einstieg von VW bei Porsche. Außerdem sollen die dem Konzernchef nahegelegt haben, sich zurückzuziehen. Wiedeking soll sich Bedenkzeit erbeten haben. Von einem Konzernsprecher wurde das bestritten. Das Dementi fiel allerdings schwach aus: "Das ist uns nicht bekannt. Und wenn es so wäre, wüssten wir es."

Lösung noch nicht sicher

In Aufsichtsratskreisen der Porsche SE wird darauf gedrängt, den Machtkampf um den Sportwagen-Hersteller "möglichst schnell" zu beenden. Jeder Tag, an dem weiter gestritten werde, "ist ein verlorener Tag".

Ob eine rasche Lösung möglich sei, hänge aber von den weit verzweigten Familien Porsche und Piëch ab. Die Entscheidungsfindung sei dort sehr schwierig, außerdem gelte Wolfgang Porsche als wankelmütig. Eine Lösung sei erst dann sicher, wenn es unterschriebene Verträge über einen Einstieg von VW und eine Abfindung von Wiedeking gebe.

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