Zu wenig, zu spät, zu ungefähr - das ist die Melodie, mit der die Sozialdemokratie Angela Merkels Europapolitik seit Jahren begleitet. Nur folgerichtig also, dass die jetzt bekannt gewordene Strategie des möglichen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück zur "Bändigung der Finanzmärkte" gedanklich unter dem Motto "mehr, schneller, klarer" steht. Wo Merkel Beschränkungen fordert, fordert Steinbrück Verbote, wo sie auf Einsicht der Banker setzt, pocht er auf Regeln.
Keines der Probleme, die der Ex-Finanzminister auflistet, ist neu. Viele seiner Lösungsideen sind es schon, zumindest in ihrer Konsequenz: etwa die, dass marode Banken statt vom Steuerzahler von einem europäischen Bankenfonds aufgefangen werden sollten, der sich aus Beiträgen aller Institute speist und in der Aufbauphase Kredite aufnehmen darf. Oder seine Rezepte zur Regulierung von Rating-Agenturen und zur Bezahlung von Managern.
Mindestens ebenso wichtig wie einzelne Reformvorschläge ist aber, dass Steinbrück der Versuchung widerstanden hat, ein Wahlkampfpapier voll plumper Bankenschelte vorzulegen. Stattdessen liefert er im Vorwort eine knappe und doch tiefschürfende Analyse dessen, was seit der Lehman-Pleite 2008 zwischen Politik, Finanzindustrie und Bürgern zerbrochen ist - und welch gefährlicher Sprengsatz für die Demokratie sich daraus entwickelt hat. Eine solche Analyse ist Angela Merkel bis heute schuldig geblieben.