Opel: Elektromotoren:Tabubruch in Rüsselsheim

Lesezeit: 3 min

Das hat es in dieser Form noch nicht gegeben: Die Opel-Entwicklungschefin Rita Forst fordert ihre Wettbewerber zu mehr Zusammenarbeit auf.

Thomas Fromm und Harald Schwarz

Mitten in der schwersten Branchenkrise seit Jahrzehnten macht Opel-Entwicklungschefin Rita Forst ihren Wettbewerbern ein ungewöhnliches Angebot: Statt gegeneinander zu kämpfen, sollten die Autobauer enger kooperieren und sich teure Komponenten wie Batterien einfach teilen.

"Warum müssen Elektromotoren unterschiedlich sein?", sagte Forst im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Sie hätte "kein Problem damit, wenn wir alle die gleichen Batterien hätten".

Mit ihrem Appell an die Kollegen bricht die Opel-Managerin wenige Wochen vor dem Elektroauto-Gipfel am 3. Mai im Kanzleramt mit einem Tabu. Bisher war es üblich, wichtige Technologiesprünge weitgehend in Eigenregie anzugehen.

"Mehr als Grundsatzvereinbarungen und Ankündigungen"

"Ich würde sehr gerne mehr Kooperationen mit anderen Autobauern machen", sagt Forst jetzt. "Vor allem, wenn es um Zukunftstechnologien wie das Elektroauto oder die Brennstoffzelle geht, müssen alle zusammenarbeiten."

Die Industrie müsse nun "an einem Strang ziehen, sich zusammensetzen und gemeinsam planen und forschen". Sie werde sich dafür einsetzen, dass beim Treffen mit der Kanzlerin "mehr als Grundsatzvereinbarungen und Ankündigungen" herauskämen.

In der deutschen Autowelt stößt Forsts Vorschlag auf wenig Gegenliebe. Vor allem in der Batteriefrage sind sich fast alle einig: Da die neuen Akkus in den kommenden Jahrzehnten die Verbrennungsmotoren ablösen, müssen diese - wie schon die alten Antriebe - Teil der Marke werden. "Die Batterie muss künftig eine Möglichkeit sein, sich von Wettbewerbern zu unterscheiden", heißt es in der Branche. Und BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Draeger sagte erst vor wenigen Tagen in München, dass er keine Vereinheitlichung wünsche: "Wir werden zu unterschiedlichen Batterien kommen, immer passend zur jeweiligen Fahrzeugarchitektur."

Dass es beim Gipfel Anfang Mai zu Annäherungen kommen wird, ist eher unwahrscheinlich. Denn für Hersteller teurerer Premiumautos wie BMW steht weit mehr auf dem Spiel als für den angeschlagenen Massenhersteller Opel. "Gleiche Batterien für alle gefährden das Premiumsegment", heißt es in Industriekreisen; es müsse auch in Zukunft gerechtfertigt werden, dass ein BMW, Daimler oder Audi teurer ist als etwa ein Opel.

"Präferieren fest installierte Batterie"

Ein Argument, das auch beim Streit um die austauschbaren Batterien des israelischen Unternehmers Shai Agassi und seiner Firma Better Place eine Rolle spielt. So sagte Ford-Deutschlandchef Bernhard Mattes der SZ, er halte von den Geschäftsplänen Agassis "nicht viel".

"Wir präferieren die fest installierte Batterie", so der Manager. Und: "Wenn wir die Führung bei der E-Mobilität haben wollen, müssen wir viel investieren." Der Präsident des Branchenverbandes VDA, Matthias Wissmann, sagte vor einigen Wochen im SZ-Interview zu Agassi: "An solch einer gesichtslosen Mobilitätskultur können wir kein Interesse haben."

Dabei setzt die Regierung gerade darauf, dass die Beteiligten in Deutschland enger zusammenrücken. Deutschland müsse "Leitmarkt werden" für die Elektromobilität der Zukunft, heißt es nicht unbescheiden in einem Bericht der Bundesregierung. Dafür müssten sich alle Beteiligten, also "Politik, Industrie, Wissenschaft, Kommunen sowie Verbraucher" zu einer Nationalen Plattform Elektromobilität zusammenschließen. Doch längst ist entschieden, wie der künftige Leitmarkt für Stromautos wirklich heißt: China.

Auch deshalb zieht es die Deutschen nach China, wenn es um künftige Projekte geht. So hat sich Daimler entschlossen, zur Entwicklung von Elektrofahrzeugen mit dem dortigen Batterien- und Autohersteller BYD zusammenzuarbeiten. Aus der Partnerschaft soll ein Elektroauto hervorgehen, das unter einer neuen Marke vertrieben wird. Geforscht wird zu zweit in einem Technologiezentrum vor Ort. Auch VW arbeitet mit BYD zusammen; und sowohl die Stuttgarter als auch die Wolfsburger könnten so von Milliardensubventionen der chinesischen Regierung profitieren.

Von japanischen Lösungen aber, wo Mitsubishi, Toyota, Nissan und Subaru an gemeinsamen Ladeanlagen für Elektrofahrzeuge arbeiten, ist Deutschland weit entfernt. "Ich bin überzeugt, dass wir gerade einen großen Fehler machen, da wir damit gegenüber asiatischen Firmen im Nachteil sind", sagt Opel-Managerin Forst. Gemeinsam könne man "sehr viel erreichen, ohne gleich Joint-Ventures zu gründen und die eigene Marke preiszugeben". Doch die Hersteller haben eigene Pläne. Zum Beispiel Volkswagen. Drei Prozent der gesamten Flotte soll bis 2018 unter Strom stehen, bis dahin will Konzernchef Martin Winterkorn Weltmarktführer bei E-Autos sein. Ein klares Ziel, das zeigt: Es geht wie immer um die Spitze. Und da ist nur Platz für einen.

© SZ vom 20.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: