Der Wirtschafts-Nobelpreisträger Robert Solow starb am Donnerstag im Alter von 99 Jahren. Er war Professor am Massachusetts Institute of Technology und berühmt für seine Analyse darüber, wie technologischer Fortschritt das Wirtschaftswachstum voranbringt. Generationen von Volkswirtschafts-Studenten lernten sein mathematisches Modell, mit dem er nachwies, dass Wirtschaftswachstum nicht in erster Linie von Arbeit und Kapital abhängt. Das hatten Ökonomen zuvor über mehr als 100 Jahre angenommen. Doch Solow wies nach, dass immer mehr Arbeit und Kapital nicht automatisch zu mehr Wachstum führen. Der entscheidende Faktor für eine prosperierende Wirtschaft, so seine Erkenntnis, ist der technologische Fortschritt.
Solows Begabung zeigte sich früh. Mit 16 Jahren wurde er an der Harvard Universität zum Studium zugelassen. Und bereits mit Anfang 30, 1956 und 1957, entwarf er als junger Professor in Massachusetts in zwei Aufsätzen seine bahnbrechende Theorie. 1987 verlieh ihm das Nobelpreis-Komitee dafür den Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften, der als Wirtschafts-Nobelpreis gilt. Sein Modell stelle "ein Rahmenwerk dar, innerhalb dessen moderne Volkswirtschafts-Theorie strukturiert werden kann", schrieb die Jury in der Begründung. Solow selbst sagte damals: "Das Interessante, das ich in meiner Arbeit herausfand, war, dass der Technologiewandel - also Fortschritt in Forschung, Maschinenbau und Technologie - mindestens die Hälfte alles Wachstums ausmachten, das wir in der Wirtschaft haben."
Solow galt als moderater Keynesianer, er trat dafür ein, dass der Staat durch Steuerpolitik und Ausgaben eine aktive Rolle in der Wirtschaft übernimmt. Seine Analysen überzeugten viele Politiker in industrialisierten Staaten, mehr Geld in Ausbildung und wissenschaftliche Forschung zu investieren. Insofern gehört Solow zu den einflussreichsten Ökonomen der vergangenen Jahrzehnte.
Seine robuste Gesundheit erlaubte es ihm, bis ins hohe Alter in aktuelle wirtschaftspolitische Debatten einzugreifen. Noch 2017 schrieb er einen Aufsatz in einem Buch des Ökonomen Thomas Piketty, der die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich als das größte Problem der globalen Wirtschaft ausmachte. "Piketty hat recht", stellte Solow fest.
Solow machte das Massachusetts Institute of Technology zu einer der führenden ökonomischen Kaderschmieden Amerikas. Er war nicht nur ein begnadeter Forscher, sondern auch ein genialer Lehrer: Vier spätere Wirtschafts-Nobelpreisträger gingen aus seiner Schule hervor, Peter Diamond, Joseph E. Stiglitz, William D. Nordhaus und George A. Akerlof. Einer seiner Schüler, der Ökonomieprofessor Alan S. Blinder von der Princeton University, hielt 2013 eine Lobrede auf Solow, darin sagte er: "Alle seine früheren Studenten beten ihn an - alle, ohne Ausnahme."