Nordrhein-Westfalen:Düsseldorfer Kohlepoker

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Die nordrhein-westfälische Landesregierung will womöglich weniger Braunkohle-Kraftwerke stilllegen, als sich dies die Kohlekommission vorgestellt hat. Mitglieder der Kommission sprechen von "Zechprellerei".

Von Michael Bauchmüller und Christian Wernicke, Berlin/Düsseldorf

Die Landesregierung in Düsseldorf will offenbar weniger Braunkohlekraftwerke stilllegen, als sich dies die Kohlekommission vorgestellt hat. Im rheinischen Revier sollten nun bis 2022 Kraftwerke von 3,9 Gigawatt stillgelegt werden, heißt es in einer Unterrichtung von NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart an den Wirtschaftsausschuss des Landtages. "Davon waren bereits 1,5 GW für die Sicherheitsbereitschaft und damit zur Abschaltung vorgesehen." Diese Abschaltungen waren schon von der vorigen Bundesregierung vereinbart worden. Rechnet man die heraus, bleiben 2,4 Gigawatt, die aufgrund des Kohlekompromisses im Westen vom Netz gehen sollen. Das wären knapp 700 Megawatt weniger, als die Kommission Ende Januar durchgerechnet hatte.

Nach deren Plänen hätten sieben Kraftwerksblöcke im Rheinland vom Netz gehen sollen. Genau verankert wurde das im Bericht aber nicht: Absichtlich habe man keine Kraftwerke benannt, heißt es aus der Kommission. Nach Pinkwarts Rechnung fiele nun ein größerer Block heraus, entweder beim Kraftwerk Niederaußem oder in Neurath. Niederaußem liegt am Tagebau Hambach, eine Änderung hier könnte auch den umkämpften Hambacher Wald in Mitleidenschaft ziehen. In Neurath, das vor allem aus Garzweiler Kohle bezieht, könnte es um weitere Dörfer gehen, die weichen müssen. Zudem müsste, was nicht im Rheinland vom Netz geht, in ostdeutschen Revieren stillgelegt werden. Bisher galt als sicher, dass die erste Tranche der Braunkohle-Stilllegungen den Westen betrifft.

Umweltschützer und Grüne reagieren empört. "Wenn die Landesregierung sich vor einem schnellen Einstieg in den Kohleausstieg drücken will, sabotiert sie den mühsam ausgehandelten Kompromiss", sagt Martin Kaiser, der für Greenpeace in der Kommission saß. Der Grüne Reiner Priggen, ebenfalls Mitglied des Gremiums, spricht von "einem Fall von Zechprellerei". Das Land NRW rechne mit Strukturhilfen in Höhe von 15 Milliarden Euro, reduziere nun aber seinen Beitrag zum Ausstieg - zu Lasten von Kraftwerken im Osten. "Dann aber stehen die ostdeutschen Ministerpräsidenten auf den Barrikaden", so Priggen. Pinkwart selbst dagegen betonte am Mittwoch, er stehe "mit jedem Punkt und Komma" zum Bericht der Kommission. Details zu Kraftwerksschließungen müssten nun Bund und Unternehmen aushandeln.

© SZ vom 14.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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